Blind Date


Backstage bei Calexio ist es gerade etwas unübersichtlich. John Convertino, den wir gern dabei gehabt hätten, ist nicht aufzufinden, darum nötigt Joey Bums kurzerhand Crewmitglied James Murray, mit ihm das ME-Musikratespiel zu bestehen. James ist Licht-Mann bei Calexico. Und beinahe mit AC/DC verwandt. Das reicht völlig als Qualifikation,

Fleet Foxes „White Winter Hymnal“

Joey: (sofort) Oh, Fleet Foxes. Die mag ich sehr. Wir hätten beinahe ein paar Shows mit ihnen zusammen gespielt, aber als sie so erfolgreich wurden, war ihr Zeitplan dann zu voll. Gut für die. Sehr gute Musik. Handwerklich und ästhetisch sehr gut gemacht. Erinnert mich an Big Sur, vom Gefühl. Wunderschön. Ich mag Musik, die auf Stimmen basiert.

Randy Newman „A Few Words In Defense Of Our Country“

Joey: Klingt nach Nashville. Ah! Das ist Randy Newman, dieser tolle Song vom neuen Album. Ein Freund von mir hat eine Radiosendung in Tucson, der hat mir den vorgespielt. Ich mag Randy. Neko Case hat mich wieder auf seine alten Sachen gebracht. Und seinen Kumpel, wie heißt er noch? Harry Nilsson. James: Ich hab gelesen: Während der Arbeit am Beach-Boys-Album HOLLAND Anfang der 70er hatte Brian Wilson eine extrem schlechte Phase. Er dachte an Selbstmord, war kurz davor, aus dem Fenster zu springen. Aber dann legte er SAY AWAY von Randy Newman auf und dachte: Warte mal. So eine tolle Platte. Ich möchte leben und selber weiter Songs schreiben. Ich glaub, das steht in seiner Autobiografie. Randy Newman ist es also zu verdanken, dass Brian Wilson noch lebt.

La Brass Banda „Autobahn“

Das ist, glaube ich, Bavarian Border Music.

Joey: (langes Schweigen) Was ist das denn? Klingt wie tirolerischer Ska oder so. Ganz lustig.

The Fireman „Sing The Oranges“

Joey: Klingt wie Echo & The Bunnymen.

Das ist ein sehr prominenter Musiker, unter Pseudonym.

James: Scott Walker?

The Fireman. Paul McCartney.

James: Ah, Fireman. Ist das 26 Musikexpress nicht eigentlich Dance-Music? Joey: Klingt, als ob er’s drauf angelegt hätte, wie Ian McCulloch zu klingen.

Victor Jara „Canto Libre“

Joey: Ah, Victor Jara.

Den haben ja viele -ich eingeschlossen – erst durch den Calexico-Song „Victor Jara’s

Hands“ kennengelernt.

Joey: Wunderschöne Sachen. Auf Youtube gibt’s Filme, wo man ihn live spielen sieht. Er wurde 1973 ermordet, nach dem Putsch von Pinochet. Die Soldaten zerschlugen ihm die Hände und sagten: „So, jetzt versuch mal, Protestlieder zu spielen. “ Dann haben sie ihn einfach erschossen. Unser Song beschäftigt sich eher mit seinem Spint als konkret mit Jaras Geschichte.

The Killers „Human“

James: (als nach einer Minute der Keyboard-Beat einsetzt) Sind das die Killers? Joey: Ich glaube, die Antwort auf seine Frage ist, dass sie Killer Dancers sind. Irgendwie so.

Metallica „The Judas Kiss“

Joey: (semi-begeistert) Ist da die neue Metallica oder so? Ich fürchte ja. James: Ist sie gut?

Auf jeden Fall wieder zu lang.

Joey: Aber ich mag es, dass sie aus Kalifornien kommen.

From behlnd the orange curtain, wie man bei uns sagt.

Haben sie dir je was bedeutet in deiner Jugend?

Toey: Nur zu der Zeit, als ich in San Pedro in einem Plattenladen gearbeitet habe und Metallica-Bootlegs verkaufte.

Lass mich raten: Dann kam eines Tages Lars Ulrich rein und trat dir in den Arsch. Joey: Nein, es kamen nur viele Kids, die Metallica-Platten kauften. Wie sieht’s mit der neuen AC/DC aus? Tu die doch mal lieber rein.

AC/DC „Rock’n’Roll Train“

Joey: Zillionenmal besser. Besserer Klang … Fantastisch. James: Klingt ein bisschen wie ihre Platte davor.

Ja. Ich glaube, das gehört so. James: Sie sind ja eh wie die Ramones. Joey: Sie halten ihren Status. (schmunzelt) Keep it real …

Ist AC/DC eher was, was ihr in der lugend gehört habt?

Joey: Oh ja. BACK IN BLACK hatten wir auf jeden Fall im Haus. James: Und sie sind aus Neuseeland, super. Joey: (streng) Wait a minute! James: (kleinlaut) Na gut, der Drummer ist aus Neuseeland. Oder warte: Er ist nach Neuseeland gezogen. Na ja. Joey: James ist nämlich aus Neuseeland. Und er hatte da auch eine Band. Magst du nicht über deine musikalische Vergangenheit reden, James? James: Nicht so sehr. Wir haben auf jeden Fall viel AC/DC gehört, früher. Joey: James macht Lights & Projections für uns. Und für Bands wie Mercury Rev, Jesus & Mary Chain, My Bloody Valentine, Sigur Ros …

Aber nie bei AC/DC?

James: Nein, nie. Aber ich war auf Tour mit einem Freund, dessen Onkel der Sänger von AC/DC ist. Haha!

Brian Johnson? Hast du ihn mal kennengelernt?

James: Nein, keinen von denen. Joey: Aber Lemmy von Motörhead kennst du.

Ja? Und? Wie ist der so?

James: Ganz seltsam gepolt. Aber ein Gentleman.

Leonard Cohen „Democracy“

Joey: Ah. Leonard Cohen.

(hört dem schlimmen Spät-80er-Keyboardsound zu, schmunzelt) Cohen hat ja oft recht, äh, interessante production values. Die flockigen Keyboards… Steve Wynn hat mir geschrieben, dass er in Montreal beim Konzert war und dass es großartig war. James: Ich hab auch nur Gutes gehört. Dieser Freund von mir – der, dessen Onkel Brian Johnson von AC/DC ist, hehe – war ganz hin und weg, weil er in einem Hotel in Dänemark beim Frühstück neben Leonard Cohen saß. Der saß da in Anzug und mit Hut, beim Frühstück. Joey: Er ist aus Montreal, Mann. Stylisch eben. (Joey ist in Montreal geboren – Anm.)

Rvan Adams „Cobwebs“

Joey: (das Intro läuft) Schöner Mix. Sehr weit offen. James: Das gefällt mir. Joey: (verschwörerisch) Aber Vorsicht! Mit so was versuchen sie einen aufs Glatteis zu führen bei solchen Musikratespielen. Dass man erst mal nette Sachen sagt über Sachen, die man eigentlich schrecklich findet. Was ist das denn jetzt?

Wie klingt die Stimme?

Joey: In der Stimme ist so ein Beben ä la früher Bono Vox.

Ja, das find ich eben auch. Das ist Ryan Adams … Joey & James: Ah! Ah oh! … und er hat offenbar beschlossen, dass er jetzt wie Bono singt.

Joey: Er verändert sich so oft. Zuletzt hat er ja die Grateful-Dead-Nummer gemacht, mit seinen Cardinais. Er hat eine ergebene Gemeinde von Leuten, die die Konzerte aufnehmen und die Bootlegs tauschen und so. (hört zu) Eine sehr statische Struktur, wenige Akkordwechsel, gibt dem ganzen einen recht majestätischen Touch. Gedehnte Akkorde … James: Gut ist das. Joey: Ein guter Songwriter.

Giant Sand „Without A Word“

Joey: Klingt wie Howe. Es ist Howe. Joey: Hört sich gut an.

Die neue Platte schon gehört?

Joey: Noch nicht. Ich hab ein paar Songs im Radio gehört, in Tucson. (hört zu) Tolle Ästhetik. Ah, da singt Neko. Neko Case. Die mir Randy Newman wieder nahegebracht hat. Sie singt da im Background-Chor.

www.casadecalexio.com