Blutspender willkommen


Angeblich wurde der kauzige New Yorker Tim Fite ohne Blut geboren. Behauptet er zumindest auf seiner Website und im Booklet seines Albums Gone Ai’t Gone: Da schwadroniert er von einem Dr. Lawrence Q. Moyer, der ihn an eine Blutmaschine gehängt und sein Leben gerettet habe. Höchstwahrscheinlich ist das Humbug. Aber die unironische Art, mit der Fite seine imaginäre Lebensgeschichte unter die Leute bringt, macht ihn irgendwie zu einem besonders ehrlichen Zeitgenossen. Der25jährige neigt dazu, die Dinge in krude Metaphern zu verpacken, aber mit billigen, manipulativen Hilfsmitteln wie Ironie gäbe er sich nie zufrieden. „Ironie ist was für ängstliche Menschen, die mit dem Rücken zur Wand stehen“, erklärt er. „Mich erinnert das Wort vor allem an ‚ironing‘: Wäsche plätten.“

Fite lacht. Er ist ein Geschichtenerzähler. „Wem, ich bin ein Dieb“, sagt er. „Ich stehle das Blut anderer Leute und mache es zu meinem eigenen. „Freilich. „Blut“ ist in diesem Fall Synonym für“Musik“, „Melodien“ oder auch „Samples“. „Das Wort ‚Sampling’ist ein Euphemismus“, wirft er ein. „Ich mag es nicht, wenn Menschen nicht zu ihren Schwächen stehen. Ich stehle gern! Damit verhelfe ich nicht nur mir, sondern auch den vergessenen Songs zu neuem Leben “ – auf die gute alte frankensteinsche Weise, doch Monster kommen dabei nicht heraus, im Gegenteil: „In Songs fällt es mir viel leichter, Dinge, die mich bewegen, Kunst aus zweiter Ader: Tim Fite mit fremdem Lebenselpxier eloquent zu verpacken. So kann ich Probleme anprangern, ohne die ganze Zeit zu fluchen und Leute zu beschimpfen. “ Fite hat einen sehreigenen, feinen Humor, mit dem ernicht nurdieWelt, sondern auch sich selbst entlarvt. Der ehemalige HipHop-Künstler (“ Das war nur Spaßmusik. Schreckliche Songs. Ich bin sehr froh, dafi sie kaum jemand gekauft hat“ wandelt mit schlafwandlerischer Sicherheit auf dem schmalen Grat zwischen Blues, Funk, Hiphop und Folk und schafft es. entschlossen und politisch zu sein, ohne moralinsauer zu wirken.

„Das ist nicht schwer“, meint er. „Ich habe ja all die Blutspenden anderer Künstler, die auf vergessenen Platten schlummern. Ich nehme was Tolles und mache was anderes Tolles daraus. Das ist für mich lebenswichtig. Ohne Musik kann und will ich nicht leben. Für andere mag das Kunst sein, aber wohl keine besonders große. „Irrtum. Gone Ain’t Gone ist ein Juwel. Jeder Musiker, der was auf sich hält, sollte sich in Fites Musik-Stammzell-Kartei aufnehmen lassen.

www.timfite.com