Books On The Rocks


Die Literatur entdeckt die Rockmusik: In Essays, Kurzgeschichten und Romanen räsonieren renommierte Autoren über Pop und Punk. Die „New Wave Of Reading" rollt

Rod Stewart erfreut sich in England eines veritablen Comebacks. Nicht, daß ihn die angestammten Fans je verlassen hätten. Nein, es handelt sich hierbei um ein Comeback ganz anderer Art: Es geht dabei ganz allein um „Coolness“. Ja, Rod ist wieder cool! Sogar die renommierte, über jeden Hype-Verdacht erhabene Zeitschrift ‚Mojo‘ widmet ihm eine 3oseitige Panoramageschichte. Seine Renaissance hat Rod weitgehend der Kraft des geschriebenen Wortes zu verdanken. Genauer, einem Autor namens Nick Hornby. Der hatte mit seinem brillanten Erstling ‚Fever Pitch“, in dem er seine große Liebe, den FC Arsenal beschwärmte, schon das Genre des gehobenen „Fußballbuches“ ins Leben gerufen, letzt tut er ähnliches in den Gefilden des Pop und Rock. Letztes Jahr erschienen zwei Sammlungen von Essays und Kurzgeschichten diverser Autoren zum Thema „Fan-Sein“ — ‚Love Is The Drug‘ und ‚Idle Worship‘. In letzterem Werk outete sich Hornby mit bewegenden Worten als lebenslanger Rod-Fan. Das gab unzähligen anderen Rodverehrern den Mut, ebenfalls dem Klosett zu entsteigen. Mit seinem neuen Roman ‚High Fidelity‘ macht Hornby nun einen weiteren großen Schritt zur Trash-freien Erschließung des Themas „Rock“ für die Literatur: Hier geht es um einen 35Jährigen Plattenladenbesitzer, dessen verfrühte Midlife-Crisis in einem schlauen, äußerst unterhaltsamen Koordinatennetz von obskuren Platten und zickigen Fan-Ticks aufgehängt ist. Hornby liegt damit auf den vordersten Rängen der Literatur-Hitparaden — und steht so an der Spitze eines Trendes: Musik bildet auch das Rückgrat von ‚The Black Album‘ von Hanif Kureishi, ehedem Schöpfer des Filmhits ‚My Beautiful Laundrette‘. Kureishi persönlich hat soeben auch ein Buch mit Rock-Essays zusammengestellt: ‚The Faber Book Of Pop‘. Und überhaupt ist Lesen wieder in — nicht zuletzt im „Underground“, der sich gegen die Dominanz der Szene durch MTV wehrt. So findet in den Pubs und Klubs ein reges Reviva! von oft musikverzierten Poesie-Lesungen statt. Ebenso hat sich nach dem längst etablierten lain Banks eine neue Generation junger Prosa-Autoren wie Will Seif, Irvine Welsh, Charles Higson (ehedem Stimme der Kult-Band The Higsons), Joseph O’Connor, DJ Taylor, Wild Billy Childish, Jeff Noon, Martin Miller und etliche andere durch ihre szenenverbundenen Schreibereien zu regelrechten Popstars gemausert. Ein Ende für den Boom des geschriebenen Wortes ist nicht abzusehen. Derzeit im Entstehen ist etwa ein Buch mit dem Titel ‚Gobbing, Pogoing And Gratuitous Bad Language‘, eine Sammlung von Geschichten über „Punk“ von Robert Wyatt, Nikki Sudden, Poppy Ze Brite und diversen Punks der ersten, zweiten und dritten Stunde.