Chris Rea


Robust die Schale, empfindsam die Seele – Chris Rea, der angelsächsische Troubadour und Chef-Melancholiker, ist seit Jahren ein Garant für musikalische Nestwärme und Geborgenheit. Wie ein trotziger Fels steht er seit Jahren unerschütterlich in der Brandung kurzlebiger Moden und Trends. Gut 4000 Gemüter waren dem Ruf des Sängers, Songwriters und Gelegenheits-Gitarristen gefolgt, der, dem Thema seines neuesten Albums THE ROAD TO HELL gemäß, ganz in Schwarz gekleidet auftrat. Das verhieß einen gefühlstrunkenen Abend.

Doch Pop unter dem Banner der Spätromäntik – das ist eine heikle Angelegenheit. Für Chris Rea und seine siebenköpfige Band mißriet das Projekt – oh Schande, oh Schmach – unversehens zu einem qualvollen Trip in die Niederungen der neuen Weinerlichkeit. Dabei hatte alles so vielversprechend heimelig begonnen; locker aufbereitete Songs wie „You Must Be Evil“ oder der zeitlose Strand-Klassiker „On The Beach“ verbreiteten im Publikum wohlige Wärme. Getreu der Devise „doppelt genäht hält besser“ sekundierten dem wohlbeleibten Hauptdarsteller gleich zwei Drummer, zwei Keyboarder und zwei Gitarristen, einer davon Andy Fairweather-Low, der einstige Sänger der Gruppe Amen Corner, und last not least Eoghan O’Neill am Baß, der mit seiner halslosen Gestalt glatt in jeder Muppet-Show auftreten könnte. Alle mühten sich redlich auf der ebenso dezent wie pointiert illuminierten Bühne ab, ohne allerdings persönliches Profil zu zeigen. Das blieb einzig und allein Chris Rea vorbehalten, der in seiner tapsig behäbigen Art zwar alles andere als einen in Hollywood geschulten Performer oder gar Entertainer darstellte, der aber dennoch stets der Sympathien des vornehmlich pärchenweise gegliederten Publikums sicher sein konnte.

Dann aber kam der Bruch in der Partitur: Die Intimität der Songs verlor sich allmählich im nüchternen Rund der Sport-Arena, und schließlich waberten nur noch Sound-Wolken – der anfängliche Funkenflug der Phantasie war unwiderruflich verloschen. Hinzu kam, daß Rea dem Ober-Keyboarder Max Middleton die Initiative überließ, die dieser mit einem übermächtigen Klang-Teppich zudeckte. Nach 70 Minuten wollten sich die Musiker bereits in die Garderobe verkrümeln, um sich dann aber eines Besseren zu besinnen und vom beharrlichen Applaus der Zuschauer wieder auf die Bühne bitten zu lassen. Erneut wurden zwei Songs fast melodramatisch bis zur Unkenntlichkeit gedehnt, ehe das „klatscht nur fleißig weiter, wir kommen gleich wieder“- Ritual seine letzte Auflage erlebte und das Hallenlicht auch den romantischsten Zeitgeist unsanft aus den Träumen riß.