CHRIS REA


Der Erfolg kam mit dem Weichspülgang: Seit Chris Rea gepflegte Melancholie wie "On The Beach" kultiviert, gehören die mageren Jahre der Vergangenheit an. Doch sollte der einstige Rock 'n' Roller nun etwa auch live den Schmuse-Bär spielen wollen ...?

Subbä, was?“, befinden drei Schnauzbarte in den Vierzigern neben mir. „Der is schon gut, der Kris Ria.“ Einer von ihnen hat eine angeschrumpelte Hausfrau mit schlecht ondulierten Haaren auf den Schultern, begeistert wippen die beiden im Takt.

Ein unangenehmes Publikum hat sich heute hier versammelt, um laute Musik zu hören. Bicrschleppcnd brechen sie sich Bahn, pöbelnd bestehen sie auf ihrem sichtbehinderten Stehplatz und rühren sich keinen Millimeter. Schließlich hat man hart gearbeitet, um sich dieses Vergnügen leisten zu können. Also wird jetzt konzentriert vergnügt. Kleinbürger unter sich.

Die Musik zum phantasielosen Träumen von Strandurlaub und Eigenheim liefert Gitarrenbarde Rea, schon länger auf konsequentem Schmusekurs. Seit er die Saiten nur noch streichelt, wird der Rauhstimmige vom Erfolg verfolgt. Eher unangenehm scheint ihm dies zu sein, was ihn wiederum sympathisch macht.

„Großer Erfolg und Hrwarlungsdruck machen mir Angst“, sagt er und steht nicht einmal erhöht auf der Bühne, mit Ziegenhart und Haaren wie einem aufgeklebten Igelfell. Die anderen Musiker verschwinden meist im Dunkel.

Die Show ist simpel strukturiert, was prinzipiell kein Nachteil ist. insgesamt aber wenig Spannung aufkommen läßt, zumal in der vollgepfropften Sporthalle kaum jemand etwas sehen kann. So besteht dies Rca-Konzert vornehmlich aus einer abwechslungsreich-unmotivierten Lichtshow von beeindruckender Geschwindigkeit und Pop-Rock in Studio-Qualität.

Spaß macht es immerhin, daß dem Durchschnitts-Fan Reas Live-Variationen von Weichgespültem ä la „On The Beach“ oder „Josephine“ wie Speed-Metal vorkommen muß: Der Meister scheint sich an seine alten Qualitäten zu erinnern und spielt zackig, laut und mit sägender Slide-Guitar.

Damals allerdings, als Chris noch in der Hamburger Musikhalle vor knapp 1000 interessierten Zuhörern gastierte, damals hatte er auch noch richtig raffinierte Songs wie die langsamst anschwellende Percussion-Nummer „Bombolini“ im Programm; jetzt beginnt der Gig unter anheimelnder Neonbeleuchtung mit klirrenden Milchflaschen vom Band, dem Intro zum aktuellen Album „Aubcrgc 1 „. Gezielt bedient der heisere Dicke seine neueren Fans, das Repertoire besteht vornehmlich aus Songs der beiden letzten Depri-Platten „Road To Hell“ und „Aubcrge“. dazu ein bißchen „On The Beach“ und „Dancing With Strangers“, „Josephine“ und sozusagen als Klassiker „I Can Hear Your Heartbeat*. Daß Rca zuvor bereits drei Rockplatten eingespielt und zwischendurch mit „Wired To The Moon“ eine der hörbarsten Schlafzimmerplatten aller Zeiten geliefert hatte, gehört der Vergangenheit an. Schade.

Chris Rea spielte und sang in jedem Fall gut genug, um sein Geld wert zu sein. Aber der berühmte Funke, der sprang einfach nicht über. Und das belämmert grinsende, urdeutsch rempelnde Publikum kannst du mir schenken.