Console


Hamburg, Schlachthof

Der Weilheimer Notwist-Köpfchendreher Martin Gretschmann lud zum Club-Gig – und viel zu viele kamen der Einladung nach, denn bereits um 20 Uhr war die Hütte voll wie seit der letzten großen Notschlachtung nicht mehr.

Wem es dann dennoch gelang, einen der verbleibenden sichtbehinderten Plätze (vorzugsweise in den Pfützen der überschwappenden Toiletten und hinter den Säulen) zu ergattern, der wurde erst einmal von der Vorgruppe abgestraft. Gerüchten zufolge sollte eigentlich Turner mit seinem „Pack of Lies“ die Bühne vorwärmen, aber wahrscheinlich passte er nun schlicht nicht mehr rein, und an seiner Stelle quälte nun ein schmächtiges Kerlchen namens Sonytony Gitarre, Computer und Publikum mit wirklich scheußlichem Krach, synchron begleitet von einer Videoshow, in der leere Bierdosen zertrampelt oder hemmungslose Rülpsstafetten abgefeuert wurden. Doof, vulgär, wenig inspirierend und letztendlich so ärgerlich, dass man am liebsten zurück in die Bar gegangen wäre – hätte es denn ein Durchkommen gegeben. So musste man eine weitere halbe Stunde eingepfercht warten, bis Gretschmann sein Apple-Powerbook, Christoph Brandner sein analoges und digitales Drumset, Axel Fischer und Michael „Hometrainer“ Schwaiger ihre Gitarren, Bässe und Synthesizer eingerichtet hatten. Ein Mikroständer wurde auch justiert, Hoffnung begründendes Zeichen dafür, dass Console die albernen Computervocals endlich durch eine menschliche Stimme ersetzen würden. Doch erst einmal ging es schleppend mit ein paar Instrumentalnummern vom neuen Album los. Nicht aufregend, aber dem Hamburger Publikum offensichtlich genug: Jedes banale Wort vom „Mad Professor“ Gretschmann („Hallo, wir sind Console …“) wurde mit ohrenbetäubendem Applaus bejubelt, und selbst so lahme neue Tracks wie „Para.Lei“ genügten, den Mob in einen wabernden, rhythmisch pulsierenden Zellhaufen zu verwandeln. Insofern wares nur konsequent, dass das Konzert, als dann Sängerin Miriam Osterrieder endlich ans Mikro schritt und mit „Suck And Run“ den aktuellen Single-Hit anstimmte, richtig gut wurde. Natürlich gab es auch ein paar alte Schmankerl, das hart groovende „Walk Like A Worm“ und den bislang einzig veritablen Charterfolg „14 Zero Zero“, aber es waren vor allem die Gesangsnummern vom neuen Album, „Surfin Atari“, „Dirt On The Wire“ und „The Times They Are Not A-Changin“ z.B., die besonders gut funktionierten und bewiesen, dass die zur fünfköpfigen Band angewachsene Console inzwischen viel mehr als bloß ein Notwist-Ableger ist, nämlich eine moderne, klischeefreie und schlau rockende Popband mit einem wahrhaftigen Fräuleinwunder an Sängerin. Nach zwei dehydrierenden Stunden kollektiver Hüpf-Ekstase hieß es dann „Stampede!“, die Tore öffneten sich, und ca. 600 frisch gepresste, aber glückliche Corned-Beef-Dosen marschierten nach Hause. Muh. www.console.li