Daft Punk


Franzosen mit Beat II: Huch, wo kommen die denn her? Daft Punk überraschend auf Welttournee. Unkenntlich gemacht, aber doch so vertraut erscheinend.

Draußen versammeln sich Leute, für die die Nacht nicht früh genug kommen kann. Jahrelang hatten sie Unterschlupf in Berliner In-Clubs wie dem eben geschlossenen „Rio“ gefunden, nun suchen sie Asyl bei einem Popkonzert. Egal, wo man sich umhört: Es geht nicht darum, Daft Punk wegen ihrer Verdienste als French-Filter-House-Pioniere zu feiern. Für viele Fans fungieren die Franzosen als eine Art Wegweiser durch den Electro-Dschungel dieser Tage. Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo als Götter des Now-Sounds? Wenn man sich da mal nicht geirrt hat!

Drinnen wird man mit voller Kraft ins Gestern gebeamt. Daft Punk stehen auf einer Kanzel, die Teil eines pyramidenförmigen Aufbaus ist. Sie tragen Roboterhelme. Ob sie es wirklich sind, weiß man nicht. Was sie da genau tun, ob sie irgendwelche Regler, Mäuse oderTasten bedienen, weiß man auch nicht. Gewiss ist nur, dass an diesem Abend die Konventionen des Konzertwesens richtig schön gegen die Wand gefahren werden. Showmanship? Ansagen? Bühnenschweiß? Ach wo. Hier zähien nur Sound und Vision. „Robot Rock“ klingt, als habe jemand den „Star Wars“-Soundtrack auf den Maschinenfunk von Roger Troutman gehetzt. Bei „Technologie“ erscheinen die von einer Vocoderquietschstimme stakkatoartig heruntergerasselten Worte in geschriebener Form auf einem gigantischen Display. Obwohl die Ränge des Velodroms leer sind und sich die Besuchervorder Bühne sammeln, ist das Ganze als Massenveranstaltung wie zu Zeiten der Rave-Ära der Neunziger konzipiert.

Natürlich dürfen die Hits von damals nicht fehlen, aber auch die Songs des arg hölzern wirkenden letzten Albums Human After All sind in dem Endlosmix verpackt. Menschen geben sich enthemmt wie beim „Mayday“-Dauertanz, mit dem Unterschied, dass hier kein Star-DJ „Seid Ihr alle hyper. oder luos?“ brüllt. Den beiden Franzosen geht es um die totale Umkehrung des Personenkults. Was sie sich darunter vorstellen, lässt sich während der Zugabe mehr als nur erahnen. Da nämlich werden Bangalter und de Homem-Christo selbst Teil der Lichtshow. Nur ihre Helme leuchten im Dunkeln. Und das Volkjubelt. Am liebsten würde es die ganze Nacht durchfeiern, wie damals. Aber das geht nicht. Nach knapp zwei Stunden verschwinden auch die lichtgewordenen Reste von Daft Punk und lösen sich in Materieauf. Hoffentlich nicht für immer.

www.daftpunk.com