…dann kam der Hit


Levi's sei dank: Vier ehrliche Rocker von der Insel stürmen via TV-Spot in die Charts

Die TV Adverts der Firma Levi’s haben schon mehrere Karrieren von versenkt geglaubten Rock’n’Roll- und Blues-Sängern wieder in die Hosen geholfen. Jetzt haben sie es mit etwas anderem versucht – und einmal mehr die Niete auf den Kopf getroffen: Das unbekannte Stück Rock wurde allenthalben als Creme de Grunge identifiziert und lag mit einer rauchigen Gesangsstimme sowie dem Titel „Inside“ verziert bald an der Spitze der britischen Charts. Im Gegensatz zu den anfänglichen Mediengerüchten waren die Urheber aber keineswegs die Smashing Pumpkins, sondern ein paar halsstarre Nordbriten, die seit einiger Zeit vergeblich versucht hatten, bei einem Plattenlabel unterzukommen. Drum sind Peter Lawler (Gitarre), James Finnigan (Bass), Ross McFarlane (Drums) und Ray Wilson (Vocals) nun ganz schön guter Laune. „War das ein Gefühl, als der Hit kam“, grinsen sie alle vier, und insbesondere Lawler, der für Songs und Produktion verantwortlich ist. Der hat auch eine Anekdote aus der unschönen Vergangenheit auf Lager. Die von einer Plattenfirma, die „Inside“ ablehnte mit dem Argument:

„das wird nie ein Hit – der Text ist zu düster, es hat keinen rechten Refrain, der Sound ist zu heavy fürs Radio – und der Sänger ist zu fett.“ Wieherndes Gelächter rundum. Die Vier hängen mit kunstlos zerschlissenen Hosen, unscheinbaren Hemden und Stylisten-feindlichen Haarschnitten in einem luftigen Studio in Primrose Hill, einer dorfartigen Oase mitten in London, um an den Aufnahmen fürs Album arbeiten. Probleme in Sachen Material gibt“ s keine. In Lawlers Schubladen haben sich über 80 Songs angesammelt, seit er sich 1989 mit Ross und James daran machte „ehrlichen Rock“ zu spielen,“wie er damals praktisch tot war“. Daß danach gerade wenig Hähne krähten, bekamen Stiltskin bald zu spüren: Keine Gigs, keine Plattendeals und vor allem auch keine interessierten Sänger [„Die, die wir ausprobierten, waren in jeder Hinsicht nie voll dabei.“) das nagte am Selbstvertrauen. Man hielt sich als Studiomusiker über Wasser, versuchte es temporär sogar mit der Auflösung der Band. „Und dann schlug das Klima plötzlich um“, spinnt Peter die Geschichte weiter. „Rock war wieder im kommen.“ Und siehe da: Diesmal ging alles wie geschmiert. Sogar das leidige Sänger-Problem wurde eines grauen Herbsttages unversehens gelöst. An dem Tag lasen Stiltskin am Straßenrand in Schottland einen desperaten jungen Mann auf, dessen Wagen liegengeblieben war, gerade jetzt, wo er doch unbedingt zu seinem Gig mußte. Peter und Konsorten fuhren ihn freundlicherweise hin, hörten auch noch zu, wie Ray Wilson zur Solo-Gitarre ein paar Dylans und Eigenkompositionen zum Besten gab – und waren gerettet. Wilson war seinerseits von Peters Songs so angetan, daß er sich überreden ließ, nach London zu ziehen, obwohl er die Stadt haßt. Das war im vergangenen Oktober.

Jetzt freut sich die Band auf die Welt-Tournee und das erste Album. Die Musik? „Ein bißchen wie die Beatles, aber heavier“, meint Peter. Die ersten paar Songs zeigen gut, warum die Band das ihr oft zugedachte „Grunge“-Label nicht zu schätzen weiß. Zwar erinnert Rays Stimme an die von Mark Lanegan (Screaming Trees) – aber Peters Gitarrenparts sind tief in der irischen Folklore verwurzelt und die Arrangements zwischen Rock und Akustik verraten Geistesverwandschaft mit der Folk-Ballade.