Kommentar

Darum sollte jedes Smartphone einen Klinkenstecker haben


Samsung hat das Galaxy Note8 kürzlich vorgestellt und die Erleichterung war groß, als bekannt wurde, dass es über einen Klinkenstecker verfügt. Und das aus gutem Grund.

Als Apple am 06. September 2016 das iPhone 7 vorgestellt hatte, war das Geschrei groß: Der Klinkenstecker wurde wegrationalisiert. Offiziell deshalb, weil der Stecker laut Apple veraltet ist. Der wahre Grund ist aber ein ganz anderer: Apple wollte das iPhone dünner machen und natürlich auch drahtloses Zubehör wie das von der Tochtermarke Beats oder auch die Apple AirPods pushen. Vielerorts traf Apple zwar auf Verständnis, so auch bei uns. Selbst zwei Jahre später ist die Empörung über den fehlenden Klinkenstecker aber immer noch groß.

Einheitlicher Standard

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Inzwischen gibt es neben dem iPhone auch viele Android-Smartphones, bei dem der Klinkenanschluss fehlt. Als User steht man vor der Wahl: Entweder nutzt man einen Adapter, um seine geliebten und teuren Kabelkopfhörer weiter nutzen zu können, oder man kauft neue Bluetooth-Kopfhörer. Aber hier liegt schon das erste Problem: Apple nutzt den proprietären Lightning-Anschluss, bei aktuellen Android-Smartphones wird hingegen USB Typ-C verwendet. Wer sowohl Android als auch Apple nutzt, muss also zwei Adapter mitschleppen. Aber auch mal eben schnell bei Freunden Musik mithören geht fortan nicht mehr, da Ihr mit Eurem Klinke-auf-Lightning-Adapter kein Glück bei Android-Smartphones habt. Von neuen Kopfhörern, die nur einen Lightning- oder einen USB-Typ-C-Anschluss haben, mal ganz zu schweigen. Bei der guten alten Klinke hat man diesen Adapter-Irrsinn nicht.

Auch das neue Moto Z2 Play beweist: dünner ist nicht besser

Beim iPhone von Apple oder dem neuen Moto Z2 Play von Motorola fehlt der Klinkenanschluss primär aus dem Grund, um die Telefone schlanker machen zu können. Das geht aber nicht nur auf Kosten der Klinke, auch andere essenzielle Funktionen müssen darunter leiden. Ein Beispiel anhand des Moto Z2 Play:

Das Vorgängermodell (vorgestellt im August 2016) war mit seinen 7 mm schon erstaunlich dünn (und dünner als das iPhone 7), hat aber neben einem Kopfhöreranschluss zusätzlich auch noch einen 3.510 mAh großen Akku, der locker für einen ganzen Tag und länger reicht. Dieses Jahr wurde das Moto Z2 Play vorgestellt und Motorola konnte es mit einer Tiefe von 6 mm nochmals dünner machen. Leider ist aber noch mehr geschrumpft, denn auch der Akku ist beim Nachfolger deutlich kleiner und die Kapazität fällt mit 3.000 mAh erschreckend gering aus. Und das alles nur, damit Motorola einen ganzen Millimeter einsparen konnte. Üblicherweise ist es doch so, dass Nachfolgermodelle in vielen oder allen Bereichen besser werden. Und selbst wenn einige Funktionen und Komponenten unverändert bleiben, schlechter werden sollten sie auf keinen Fall. Das ist hier aber passiert und das theoretische Argument, dass durch den Wegfall der Klinke Platz für einen größeren Akku ist, wird in der Praxis leider ad absurdum geführt. Der Leidtragende ist natürlich der Konsument.

Bluetooth ist noch nicht ausgereift genug

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Klar, die Freiheit, die man sich mit einem Paar Bluetooth-Kopfhörer erkaufen kann, hat auch seine Vorteile: Endlich keinen Kabelsalat mehr oder gar Kabelbrüche, weil man aus Versehen irgendwo hängen geblieben ist. Aber dieser eine Vorteil bringt auch viele Nachteile mit sich: Man hat ein weiteres Stück Technik, welches täglich aufgeladen werden muss. Und für den Fall der Fälle, dass unterwegs der Kopfhörer-Akku mal versagen sollte, muss man sowieso immer ein Kabel dabei haben, wenn man auf seine Musik nicht verzichten möchte. Und genau dieses Kabel hat – richtig – einen Klinkenstecker. Rechnet man dann noch den obligatorischen Adapter dazu, schleppt man am Ende mit Bluetooth-Kopfhörern mehr mit, als vorher ohne.

Ein weiterer Nachteil von Bluetooth sind auch die leider immer noch viel zu häufig auftretenden Aussetzer oder Empfangsabbrüche. Gerade in vollen Bussen oder Bahnen kann man das gut beobachten und nachstellen. Und nichts nervt mehr, als wenn der Lieblingssong plötzlich für ein paar Sekunden unterbrochen wird, weil die Kopfhörer das Signal zum Smartphone verloren haben.

Technischer Fortschritt ist gut

Zugegeben, der Klinkenstecker mag zwar ein alter Standard sein, aber das macht ihn noch lange nicht obsolet. Im Gegensatz zu anderen Technologien, wie beispielsweise Disketten oder den SCART-Anschluss, gibt es beim Klinkenstecker noch keinen richtigen Nachfolger. Bluetooth, USB Typ-C und Lightning-Anschluss sind bisher nur Alternativen, aber eben noch keine echte Wachablöse. Und auch neue Akkutechnologien, die dünne Smartphones UND lange Laufzeiten ermöglichen, sind noch Jahre entfernt. Warum also jetzt schon durch verschiedene Alternativ-Technologien den Markt unnötig fragmentieren, wenn die Lösung doch so simpel ist? Auch im Jahr 2018 hat die Klinke noch ihre Daseinsberechtigung und sollte bei jedem Smartphone zum Standard gehören.

Unser Autor Thomas Porwol sieht das anders:

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Dieser Kommentar erschien erstmals im August 2017 auf musikexpress.de.