Das Prinzip Hoffnung


Die braune Soße brodelt wieder bedenklich. Udo Lindenberg hofft dennoch auf eine Bunte Republik Deutschland.

Immer häufiger steigt die Flagge wieder für die Rechten empor — auch am Reichstag. Überall knallt sie uns wieder entgegen, die Flagge, die auch für dumpfeste und düsterste deutsche Ziele im Wind flatterte. Das wiedererstarkte Großdeutschland übt sich erneut im Monumentalgemache, das konnte man schon bei der Hauptstadtdebalte deutlich raushären. Wenn jetzt ein Klima hochgezogen wird, das an die dunkelsten Stunden der Vergangenheit erinnert, dann ist es höchste Zeit für multikulturelle Action. Gerade dann, wenn sich im Windschatten dieser Flagge wieder Neonazigruppen formieren und von Hoyerswerda über Hünxe bis Rostock losziehen, dann ist die Frage doch ganz klar: Schwarzrotgold — wollen wir das etwa denen überlassen? Oder können wir diese Farben einfach mal für uns in Anspruch nehmen und ihnen eine neue Bedeutung geben?

Die Farben können wir nicht ändern, ober die Richtung, in die diese Flagge weht! Mit’m bißchen Fantasie wird aus deutschnational so ein neues Symbol für Multi-Kulti – für die Bunte Republik Deutschland. Schwarz stünde dann beispielsweise als Willkommensgruß an alle exp r ess Gut

Afrikaner/innen; Rot als Gruß an olle (Stadt-Jlndioner/Innen, Gold als Gruß an alle Asiat/Innen. Gold steht auch für den hellen Panther-Blitz, der jetzt aufs dunkle Land runterzischt und endlich für Erleuchtung sorgt. Bei meiner neuen LP „Ponik-Panther“ ging es mir darum, den Soundtrack für eine neue Bewegung zu schreiben: Songs gegen das nervige Betroffenheitsgelaber und all die seichten Sprüche dieser Teilzeit-Demokraten und Getegenheits-Menschenrechtler. Lieber besoffen als betroffen! Doch die Lage ist ernst: Wenn alte und neue Nazis ganze Städte terrorisieren, Ausländer belästigen, quälen und ermorden, und wenn die Bullen locker zusehen und die Spießer zufrieden vom Balkon glotzen, dann ist es höchste Zeit für multikulturelle Aufräumarbeiten. Mit dem Grundgesetz unterm Arm heißt es nun: Wehret den Anfängen! Unsere Träume müssen stärker sein als diese scheißbraune Vision vom starken Deutschland mit den schwachen Hirnen an der Spitze. Deshalb auch ein Song wie „Keine Staaten“. Das ist eine Hommage an alte Helden, Wir erinnern uns an John lennon und sein „Imagine“, oder an Martin Luther King und „I Had A Dreom“. Es ist ein Lied gegen das Dumpfdenken und ein klarer Hinweis auf diese eine Welt, von der wir ja wissen, daß sie vom All aus betrochtet wundervoll blau und friedlich daliegt und man die künstlichen Grenzen, die dort über Jahrhunderte immer wieder errichtet wurden, gar nicht mehr sieht. One World!

Ich bin in letzter Zeit oft gefragt worden, warum ich denn nun weiter gegen den Strom schwimme und mich nicht dem Zeitgeist anpassen würde — wer also das Prinzip Hoffnung heute noch mit sich rumschleppt, der soll sich rechtfertigen und wird wie ein UFO bestaunt! Aber wofür ich stehe, das sollte nach 35 Platten in diesem unserem Lande doch wohl klar sein! Ich habe natürlich auch weiterhin meine Ideale — und bin aber auch Realist. Zu meinem Realismus gehört aber auch die Erkenntnis, daß Hoffnung ein Gesetz ist — genau wie Optimismus. Dies sind moralische Gesetze, ohne die man leicht in Resignation und Zynismus abrutscht. Das geht dann bis zur totalen Selbstaufgabe, dann kann man nur noch als Couch-Potato in Valiumland leben und sich die Game-Show geben. Es geht um den Glauben an die positive Veränderung auf der Welt. Diese Hoffnung darf nie enden. In diesem Sinne wird es auch noch weitere 35 LP’s geben und das Panikorchester wird auch im Jahr 2000 noch munter zum Tanz aufspielen. Dann sind vielleicht auch schon einige graue Panther dabei, egat, ich lebe meinen Streifen ziemlich konsequent.