David Lee Roth – nicht nur ein Gigolo


Er säuft sich nächtelang durch Los Angeles, um schon gleich am nächsten Tag eine steile Bergwand zu durchsteigen. "Diamond Dave" weiß, wie man das Angenehme mit dem Nützlichen verbindet. ME/Sounds-Mitarbeiter Olaf Krämer traf den Mann der Gegensätze in Los Angeles.

An einem Tag kann er böse versumpfen, am nächsten steile Bergwände durchklettern. Mal liegt er in den Armen blonder Dummchen, dann wieder jongliert er mit philosophischen Theorien. David Lee Roth ist ein Mann für alle Fälle, vielseitig verwendbar, von den Kollegen hofiert, von den Girls geliebt – ein Ausbund an Kreativität und unschlagbarem Mutterwitz. Wenn es dem ehemaligen Van Halen-Sänger und Arztsohn aus Kalifornien in den Fingern juckt und er sich auf nächtlichen Streifzügen durch die Clubs von Los Angeles mal wieder nach Herzenslust austobt, bleibt kein Stein auf dem anderen. Erst kürzlich tauchte sein Name auf dem Album einer lokalen R & B-Band auf. „Diamond Dave“ als Gast von Top Jimmy And The Rhythm Pigs?

„Einer muß ja die Fackel des Blues‘ hochhallen. Und Top Jimmy ist im Augenblick dieser Mann. Wir tranken gemeinsam eine Nacht lang Whiskey aus Pappbechern und sangen dabei alle Bluesnummern“, erklärt er mit einem verschmitzten Lächeln.

Wo andere eher die Flucht ins Privatleben antreten, darauf bedacht sind, sich nach Möglichkeit nicht in die Karten schauen zu lassen, sucht David die Öffentlichkeit und wird bei dieser Gelegenheit auch noch seinem Ruf als „party animal“ gerecht.

„Wenn ich auf die Bühne steige und den letzten Schluck aus der Whiskeyflasche nehme, denken die meisten Leute gleich, ich hätte vorher schon die ganze Flasche geleert. Humbug! Das gleiche gilt auch für Frauen: Mal bildlich gesprochen, kann ich sie gar nicht alle austrinken, zumindest nicht an sieben Tagen in der Woche. Dafür sind selbst meine Lenden zu schwach. Also mache ich es wie mit den Flaschen: ein Schluck hier und da. aber stets nach dem Prinzip Qualität vor Quantität. „

So einfach ist das, sollte man meinen. Doch der von vielen wegen seines flapsigen Humors geschätzte Sunnyboy ist der geborene Optimist, der prädestinierte Gewinner.

„Natürlich hab‘ auch ich so meine Sorgen und Nöte, zweifle zuweilen an mir selbst oder hab‘ schlichtweg Schiß. Doch das passiert relativ selten. Normalerweise zieht mich so schnell nichts runter. Wenn es allerdings mal so weil ist, packe ich meine sieben Sachen, mache einen Monat Urlaub und schlage mich in den Busch – weil weg vom täglichen Bullshit.

Ich weiß, daß es in diesem Business keine Sicherheiten oder Garantien gibt. Im Prinzip läuft alles darauf hinaus: Paß‘ auf, daß dir keiner die Butler vom Brol stiehlt. Die Kunst besieht darin, an der Spitze zu bleiben und trotzdem seinen Spaß zu haben.“

Der exzessive Bon Vivant auf der einen, der sportive Abenteurer auf der anderen Seite, sein Image ist so facettenreich wie das Leben, das er führt. Mal schlägt er sich, zusammen mit seinen „Jungle Studs‘. durch den Dschungel Brasiliens, dann wieder muß ein unschuldiger Berg dran glauben. So kletterte er anläßlich der Fotosession zum Cover seines neuen Albums SKYSCRAPER in luftige Höhen, alles in bester Reinhold Messmer-Manier. „Bergsteigen ist bei weitem nicht so gefährlich, wie es aussieht. Mich fragen zum Beispiel immer wieder Leute, wie ich es fertigbringe, vor so einem Riesenpublikum aufzutreten. Ob mir denn nicht die Hosen schlottern. Darauf antworte ich ihnen: ,So schlaff wie du gerade dasitzt, würde ich natürlich auch nicht meinen Arsch auf die Bühne bewegen wollen.‘ Wie beim Bergsteigen braucht alles jahrelange Übung und Vorbereitung. Das Bergsteigen ist für mich ein phantastischer Ausgleich zu der Arbeit im Studio, ist Meditation, Konzentration und Entspannung zugleich.“

Die hatte er auch dringend nötig, schließlich zogen sich die Arbeiten an SKYSCRAPER über einen Zeitraum von acht Monaten hin. wechselte man die Studios wie andere Leute ihre Hemden und trennte sich zuguterletzt auch noch von Bassist Billy Sheehan, wegen „kreativer Differenzen“, wie es so schön heißt. Für den Geschaßten kam Matt Bissonette, Bruder des Drummers Gregg. die Mannschaft war wieder komplett.

„Es war einzig und allein meine Entscheidung, Billy in die Wüste zu schicken und an seiner Stelle Matt zu engagieren. Billy ist sicher ein großartiger Bassist, doch niemand hat eine Entscheidung fürs Leben getroffen, als er in diese Band einslieg. Es ist ganz allein mein Job als Chefmechaniker des Ganzen, die Maschine gut geölt am Laufen zu halten. Ich treffe die Entscheidung, wer geht urd wer bleibt.“

Getreu dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ war er zusammen mit Gitarrist Steve Vai nicht nur für die Produktion des neuen Albums verantwortlich, sondern entscheidet zudem auch über alle Details von Artwork. Videos, Bühnenaufbau und Ablauf der Show. Ist David Lee Roth etwa ein Ein-Mann-Unternehmen?

..Das täuscht, ich bin eher eine An Zauberer, der allen Leuten weismacht, er beherrsche die Kunst der Magie perfekt. Nichts anderes tue ich. sei’s nun bei den Aufnahmen zur Platte, bei Fotosessions, Videodrehs bis hin zur Tour. Wichtig ist nur, daß alles zusammen ein in sich stimmiges Bild ergibt. „

Perfektion ist das Stichwort, Perfektion herrscht auch auf der Bühne.

„Mein Ziel ist es. die farbenprächtigste Band, die die Welt je gesehen hat, auf die Bühne zu bringen. Ich will, daß die Frauen, die zu unseren Konzerten kommen, die schönsten bleiben, die man im Rock ’n’Roll überhaupt finden kann. Unsere Musik soll der Soundtrack zum täglichen Leben sein. „

Dem Mann kann geholfen werden. Spätestens im Herbst dieses Jahres wollen „Diamond Dave“ und seine Gesellen erstmals europäische Bühnen unsicher machen. Die Girls sind gewarnt.