Der Flieger – 4 Fragen an Udo Lindenberg


Den ewigen Hut hat er abgenommen, die Lederjacke bleibt im Schrank und auch "Gummis" reimen sich nicht mehr auf "Krummis". Der neue Lindenberg hält's mit Glasnost und steht zu seinem Alter: Stirnglatze, Smoking und deutsches Liedgut aus den 20er bis 40er Jahren. Mit der "Feuerland-Revue" geht er jetzt auf Tournee.

Ist das HERMINE-Album der definitive neue Udo?

„Ich finde, HERMINE ist eine literarische Geheimplatte. Ich glaube nicht, daß es nun die neue, große, offizielle Udo Lindenberg-Platte ist, sondern eine experimentelle Schiene am Rande des Geschehens. Für Experten.“

Marlene Dietrich lispelt ein Vorwort zu dem Song „Illusions“. Warum dieser Diva-Aid?

„Marlene Dietrich rezitiert aus Texten, die sie um 1930 rum gesungen hat, Songs von Friedrich Holländer. Ich war schon immer ein Fan der Ober-Diva und bin extra nach Paris gefahren, um sie dazu bewegen, an der Platte mitzuwirken. Frau Dietrich lebt seit zehn Jahren total zurückgezogen in ihrer Wohnung, niemand darf sie sehen, es sind allenfalls Telefonkontakte möglich. Ich habe sie auch nicht sehen dürfen, aber wir haben am Telefon miteinander gesprochen. Ich habe ihr dann eine Cassette mit meinen Liedern geschickt, ihr hat’s so gefallen, daß sie ihre Texte auf den Recorder im Wohnzimmer sprach“.

Inzwischen versuchst du ja scheinbar überhaupt nicht mehr, in deinen Texten den coolen Berufs-Jugendlichen raushängen zu lassen.

„Ich muß nicht den ewigen Jungen spielen und den Leasing-Teenie von der Firma Panik markieren. In der letzten Zeit habe ich etliche Songs geschrieben, die irgendwie amateurphilosophisch sind. Auf der HERMINE-Platte habe ich Texte drauf von Bert Brecht, Kurt Tucholsky und Kästner. Diese Texte haben keinen Jargon, sie sind zeitlos, und das ist etwas ganz Kostbares. Nämlich etwas, das nichts mit einer Mode oder einem Trend zutun hat.“

Nach „Dröhnland“ jetzt eine giganto- manische „Feuerland-Revue“ mit Millionenaufwand – wann wird es das erste Lindenberg-Musical geben?

„Feuerland“ ist fast ein Musical, zumindest besteht die Show aus Musical-Bausteinen. Wir haben über 30 Gäste dabei – Sänger, Tänzer, das Panikorchester und eine Bigband. Dazu kommen gigantische Bühnenbilder und ein paar spektakuläre artistische Übungen. Ich werde zum Beispiel durch die ganze Halle fliegen. Auch die Bigband wird hochgehievt, die soll bis zum Bühnenrand vorgeflogen kommen, vielleicht sogar ein Stück ins Publikum rein. Von da oben blasen sie dann diese wunderschönen Swing-Nummern runter. Die Show hat drei Teile, erst die Bigband-Sache, dann die Panikband mit unserer alten Honky-Tonky-Show und am Schluß den sensiblen Teil. Da steht die Nachtigall dann ganz allein mit einem Pianisten auf der Bühne und gibt ein paar dieser wunderbaren Songs aus dem Berlin der 20er Jahre zum Besten. Die Feuerland-Revue wird mein ganz persönlicher Abenteuer-Spielplatz.“