Der Rapper ohne Eigenschaften


Sein Ding ist nicht, sein Ding zu machen: J. Cole, erstes Signing auf Roc Nation, dem Label von Jay-Z und Live Nation.

Vermutlich müsste man über Sido und Bushido schreiben. Ist jetzt aber echt zu anstrengend. Außerdem: sowieso unmöglich, das alles auf Spaltenlänge angemessen zu verhandeln. Wie wäre es also alternativ mit neuer, guter, völlig egaler Rapmusik?

J. Cole ist 26 Jahre alt, kommt aus irgendwo in Amerika und durfte als erster Rapper ein Album über das Firmenkonglomerat Roc Nation veröffentlichen. Mit Cole World: The Sideline Story ist er auf Platz 1 der US-Charts eingestiegen. Das ist insofern wenig verwunderlich, als hinter Roc Nation nicht nur der Präsident des HipHop steht, Jay-Z, sondern auch der sogar noch potentere Bespaßungsriese Live Nation. Außerdem hat J. Cole alles, was es auf dem – von ihm selbst natürlich nimmermüde nacherzählten – Weg nach oben braucht: die Hooks, die Looks sowie die seltene Gabe, aus guten Beats und guten Texten echte Musik zu machen. J. Cole kann alles. Spucken. Flöten. Prahlen. Grübeln. Gezielt auf Größe getrimmtes Klavierspiel mit breitem Pathos unterstreichen, nur um im nächsten Moment grazil wie ein Kunstturner über eine Timbaland-hafte Triole abzurollen. Sogar singen kann er ein bisschen, zumindest diese kleinen, verspielten Binnenmelodien, die seinen hemdsärmeligen Rap-Ansatz in die Nähe des smarten Traumtänzers Drake und damit in die Gegenwart rücken – zu begutachten auf dem gemeinsam eingespielten Internet-Klassiker „In The Morning“.

Dennoch ist Cole World eher ein Album alten Zuschnitts. Weil es J. Cole bis auf wenige Ausnahmen selbst produziert hat und dabei mit rührendem Ernst dem Gebot des homogenen Klangbildes verpflichtet bleibt. Vor allem aber, weil es schlicht nichts Neues zu bieten hat. Im Gegensatz zu anderen vielversprechenden Emporkömmlingen wie Lil B, Danny Brown und ASAP Rocky hat J. Cole keinerlei Alleinstellungsmerkmal. Sein Ding ist nicht, sein Ding zu machen, sondern ein bisschen wie Ding und ein bisschen wie Ding zu klingen. Im Gegenzug sucht man Fehltritte vergebens, Cole World ist auch in dieser Hinsicht das krasse Gegenteil all jener spontan ins Netz gespeisten Launen-Leaks, auf denen HipHop heute sonst passiert. Dass es trotzdem Spaß macht, ist das eigentliche Verdienst von J. Cole. Mehr leider nicht.

Das Video übrigens, das Sido und Bushido zusammen gedreht haben, sieht sehr teuer aus.