Der Schandfleck


Verjährt Rassismus? Das Auftauchen eines alten Tapes mit inakzeptablen Raps treibt Eminem in die Enge.

Das Wort „Nigger“, das Curtis Mayfield schon 1972 in „Pusherman“ benutzte, gehört zum Repertoire vieler farbiger Rapper, doch Eminem will es nicht in den Mund nehmen. „Ich bin nicht in der Position, so was zu sagen. Es gibt ein paar Sachen, die ich einfach nicht mache“, erklärte er 2002 in einem Interview. Der weiße Rapper aus Detroit, der sich selbstironisch in „Without Me“ als den „Schlimmsten seit Elvis Presley „bezeichnet, da er „so selbstsüchtig schwarze Musik macht, um sich zu bereichern „, hat sich seit seinem Debüt den Respekt farbiger HipHop-Fans auf der ganzen Welt verdient. So drastisch seine Texte bezüglich Gewalt und Sex sind, so sensibel und vorsichtig thematisiert er die Tatsache, dass er einer deT wenigen weißen Stars des Genres ist. Aber seit das HipHop-Magazin „The Source‘ im Dezember ein Tape mit alten Freestyies veröffentlichte, in denen Eminem rassistische Äußerungen machte, ist er in Erklärungsnot. „I don’t like that nigger shit/l’m justhere to makeabiggerhit“, reimte er in einem Song, „I’ll get straight to the point: Blackgirls are bitches“ in einem anderen.

Chaos Kid, ein weißer Rapper aus Detroit, der mit Eminem von 1988 bis 1993 Keller-Aufnahmen gemacht hat, erinnert sich, wie das alte Tape entstanden ist: „Eines Tages haben die was aufgezogen, das ,Die rassistische Rap-Stunde‘ hieß, ich weiß, dass für einen Farbigen schwer zu verstehen ist, warum weiße Rapper so was machen, aber es war ein Witz. Das sollte nie veröffentlicht werden‘.‘ Offenbar versteckte Eminem die Tapes damals vor Champto wn .seinem ersten farbigen Produzenten, der ihn Anfang der neunziger Jahre in die farbige Community von Detroit einführte. Champtown erzählt, dass er überrascht war, als er erstmals 2000 alte Eminem-Tapes hörte, auf denen der spätere Star-Rapper angeblich Farbige als „Speer-Werfer“und „Veranda-Affen“ bezeichnete. „Ich bin etwas verwirrt“, so Champtown. „Der Eminem, den ich kannte, wollte immer nur eines: von Schwarzen akzeptiert werden.“ Marshall Mathers selbst äußerte sich in einem schriftlichen Statement zu der Cassette:

„Ich habe das Tape als Teenager aus Verärgerung, Dummheit und Frustration gemacht. Ich hatte mich gerade von meiner Freundin getrennt, die Afro-Amerikanerin war, und ich hab mich wie der wütende, dumme Bub verhalten, derich war.“Di diese Worte als Erklärung, nicht aber als Entschuldigung aufgefasst wurden und sich zudem niemand in Eminems Freundeskreis an eine farbige Freundin erinnern kann, hat sich die Aufregung längst nicht gelegt. Zwar beteuerte Eminem inzwischen auch, dass es ihm „leid tut, diese Dinge gesagt zu haben, als ich 16 war“, doch wirft auch das wieder Zweifel an seiner Ehrlichkeit auf. Das Original-Tape, das in Ausschnitten veröffentlicht werden durfte, nachdem ein Richter das Recht auf Pressefreiheit in diesem Fall über das Urheberrecht gestellt hatte, ist ein Maxell-XL-II-Modell, das erst Ende 1992 hergestellt wurde. Eminem war damals nichuö, sondern 20. Jetzt wird diskutiert, ob Eminems Freundeskreis tatsächlich, wie er sagt, überwiegend aus Schwarzen bestand. Dann nämlich hätten einige farbige Kollegen wie Strike, der in dem Film „8 Mile“ die Rolle des Lyckety-Splyt spielte, Verständnis: „Ein mutherfuckin‘ White Boy, der in der Hood aufgewachsen ist und den ganzen Tag mit Niggas am Start war, ist in meinen Augen ein Nigga und darf auch Nigga sagen.“