Festival-Chronik

Die 20 besten Momente aus 21 Jahren „Splash!“-Festival


Zum Jubiläum des Splash!-Festivals wagten wir einen ganz besonderen Rückblick. 20 Jahre, 20 Schlüsselmomente. Specter Berlin und Curse schwelgen in Erinnerungen, David Bortot und Jan Wehn erklären die Geschichte des Festivals.

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Am Wochenende ist es wieder soweit: Das „Splash!“-Festival startet – das Festival, das wie keines HipHop IST, HipHop in Deutschland. 1998 im eher Rap-unverdächtigen Chemnitz gestartet und heute in Ferropolis zwischen Dessau und Bitterfeld beheimatet, war es immer Spiegel der Szene und Wohnzimmer der Stars. Für Marteria ist es „Zuhause“, für Jan Delay alias Eizi Eiz „mein Woodstock“. In diesem Jahr findet das „Splash!“ zum 21. Mal statt. Ein guter Anlass für eine Chronik in, äh, 20 Momenten. (Ja, diese Liste brachten wir bereits zum 20. Jubiläum.)

1. 1998 – Das erste Splash!

Das erste „Splash!“ hat nicht viel mit dem zu tun, was man heute kennt. Überschaubare 1300 Gäste finden sich im ehemaligen Kraftwerk an der Zwickauer Straße ein und feiern eine eintägige Indoor-Jam – mit sechs Live-Acts. Die holen die Initiatoren Mirko Roßner, Thomas Resch und Jan Richter aus der ganzen Republik. Neben Afrob und der Berliner Supergroup KMC stehen auch zwei Hünen in Trikots von Hertha BSC auf der Bühne: die Spezializtz. Mit spektakulären Stunts wie Stagedives oder Motorrädern auf der Bühne werden sie später zu Gesichtern des Festivals.

Spezializtz-Rapper Harris erinnert sich: „Deutschrap steckte zu der Zeit noch in den Kinderschuhen. Insofern war es krass, dass in einem vermeintlichen Dorf wie Chemnitz ein komplettes Festival veranstaltet wurde und auch noch so gut lief. Dadurch, dass die Szene noch so klein war, waren wir alle gut connectet und haben uns gut verstanden. Das hat man schon dar- an gesehen, dass Acts wie Square One oder Walkin‘ Large ganz selbstverständlich auf Englisch gerappt haben – und trotzdem ebenso selbstverständlich Teil vom Line-up waren.”

2. 1999 – Rap in Deutschland explodiert

Der legendäre Summer of ’99: Deutsch-sprachiger Hip-Hop, eben noch eine Nischenangelegenheit, ist plötzlich Pop. Vier Alben aus der Szene stehen gleichzeitig in den Top Ten, beim „Splash!“ bündelt sich die Euphorie in einem zweitägigen Fest mit allen Granden aus Hamburg, Stuttgart und dem Rest der Republik.

Eizi Eiz erzählt: „Das war das erste Hip-Hop-Festival für viele von uns. Wir kannten natürlich Jams, wo Leute aus unterschiedlichen Städten zusammenkamen. Aber ein komplettes Festival, nur mit Rap und Graffiti und Breakdance und Reggae- und Dancehall-Artists? Das war der absolute Flash! Ich kann mich übrigens noch genau an das Essen im Backstage erinnern. Zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen gab es ausschließlich Tiefkühlgemüse und Cevapcici, die innen noch gefroren waren – aus riesigen, von der Decke hängenden Bratpfannen, wie man sie von Straßenfesten kennt. Aber für uns war das cool. Wir kamen ja von den Jams und kannten es nicht anders. Dass man – nur mit Leidenschaft – so etwas auf die Beine stellen kann, fand ich hammer und finde ich immer noch beeindruckend, egal wie professionell inzwischen alles geworden ist.“

3. 2001 – Mc Rene fordert Azad heraus

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Das „Splash!“ war immer auch ein bisschen Royal Rumble: Es ging und geht dort auch um Randale, Reviere, Rangordnung. Heute werden solche Fragen meist im Netz geklärt, gerne inklusive Gewaltandrohung. MC Rene aber regelt das 2001 noch nach Art der alten Schule. Während eines Auftritts seines Erzfeindes Azad fordert er ihn mit dem Megafon mitten aus dem Publikum zum Freestyle-Battle heraus. „Die Faust des Nordwestens“ vertröstete Rene auf ein Treffen hinter der Bühne. Immerhin resultierte aus der Aktion einer der besten deutschen  Disstracks: „Renekution“ der Azad-Freunde Kool savas und Eko Fresh (übrigens als Antwort auf den angeblichen Azad-Disstrack „Gegen den Gnom“ von MC Rene, den es in Wahrheit nie gegeben hat).

4. 2001 – Sachsen wird Jamaika

Gentlemen, Seeed, Jan Delay, D-Flame. Nie war der Reggae-Hype in Deutschland größer als in den Jahren nach der Jahrtausendwende. Auf dem „Splash!“ trifft sich die Szene auf der zweiten Bühne, mit jamaikanischen Stars wie Bounty Killer, General Degree oder Barrington Levy. Dabei ist auch Thomas Schlett aka Little T, als „Selector“ des Phlatline Sound und Mitorganisator seit Tag eins Teil des inneren „Splash!“-Zirkels: „Zum Abschluss haben wir zusammen mit Renaissance Disco aufgelegt, dem legendären Soundsystem aus Kingston. Auf der Bühne sind Artsits wie Elephant Man und Ward 21 durchgedreht. Irgendwann ist Ele ein Diamant aus seiner Kette gesprungen und ins Publikum gesegelt. Er hat die Musik anhalten lass, und seine Leute haben auf dem Boden gesucht. Nach zwei Minuten erfolgloser Suche war’s ihm dann aber egal: ‚Fuck it, next tune‘. Und weiter ging die Party.“

5. 2002 – Aggro Berlin sorgt für Angst und Schrecken

In seinen Anfangsjahren war das Festival vor allem ein Klassentreffen des Establishments aus Hamburg und Stuttgart. 2002 aber ist der Schwanz, der Deutschrap in den Arsch bumsen möchte, nicht mehr kleinzureden – und darauf ist groß „Aggro Berlin“ tätowiert. Offiziell fürs „Splash!“ gebucht ist Die Sekte, die Crew um Sido und B-Tight. Tatsächlich stürmt das gesamte Konglomerat inklusive Bushido die Zeltbühne und macht Welle wie noch nie jemand zuvor hier. Die vielleicht größte Revolution der deutschen HipHop-Geschichte, verdichtet auf diesen Moment.

Aggro-Label-Gründer und -Mastermind Specter Berlin berichtet: „Wir hatten zu dem Zeitpunkt schon ein paar Tapes verkauft und eine lose Ahnung, dass da etwas im Gange war. Aber diese Dimension war uns nicht bewusst. Das Zelt war rappelvoll und vor dem Zelt standen noch mal ein paar Hundert Leute, die mitgegrölt haben: ‚West Berlin, West West Berlin!‘. Die Leute konnten alle Texte auswending. Für uns war das extrem abgefahren. Wir kamen aus unserem Berliner Untergrund-Mikrokosmos, der immer sehr abgeschottet war. Und plötzlich ist das explodiert! Es gab sogar eine Beschwerde von der Hauptbühne, weil der Act dort von unserem Lärm übertönt wurde. Wir hatten extra einen eigenen Flyer für unseren Auftritt gedruckt und damit alles bis zum Zeltplatz volltapeziert, damit es auch jeder mitbekommt. Auch darüber gab es Beschwerden … Das Jahr war ein echter Gamechanger, ein Statement: Straßenrap war angekommen.“ 

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