Festival-Chronik

Die 20 besten Momente aus 21 Jahren „Splash!“-Festival


Zum Jubiläum des Splash!-Festivals wagten wir einen ganz besonderen Rückblick. 20 Jahre, 20 Schlüsselmomente. Specter Berlin und Curse schwelgen in Erinnerungen, David Bortot und Jan Wehn erklären die Geschichte des Festivals.

6. 2003 – Die Beginner sind back

Eizi Eiz: „Splash! 2003 war einer der geilsten Beginner-Auftritte überhaupt, definitiv in unseren Top Ten. Es war der erste Auftritt nach drei Jahren Pause. BAMBULE war längst vorüber und wir waren eineinhalb Jahre im Studio gewesen, um BLAST ACTION HEROES zu schrauben. Die Platte war noch nicht draußen, nur die Single ‚Fäule‘. Wir hatten also keine Ahnung, wie die Leute auf die neuen Songs reagieren würden, und hatten Schiss. Aber es war der Knaller. Die Leute sind gesprungen und haben getanzt. Als wir von der Bühne gekommen sind, hatten wir Freudentränen in den Augen. Das war krass, wie viel Liebe wir bekommen haben. Das war zu dem Zeitpunkt genau das, was wir brauchten, auch als Band. Deswegen werde ich diesen Auftritt nie vergessen. Leistungsmäßig war er wahrscheinlich gar nicht so gut. Aber emotional auf jeden Fall.“

7. 2004 – Busta Rhymes setzt die Messlatte verdammt hoch

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Als das Festival wuchs, wurden große Stars aus den USA immer wichtiger. Jedoch versendeten sich die Anfragen aus Chemnitz meist im Major-Label-Nirgendwo. Enter: Sia Aghaiepour. Der sammelte Telefonnummern seiner liebsten DJs von den Hüllen ihrer Mixtapes. Auf diese Weise gelang es ihm, DJ-Größen wie Tony Touch oder Green Lantern nach Deutschland zu holen. Später bucht er Method Man, Missy Elliott und Mobb Deep. Seine erste Großtat für das „Splash!“ 2004: Er holt Busta Rhymes – von einem Vorabend-Gig in Zürich via Berlin. Problem: Die Tasche mit Bustas Lieblingskappe ist verschwunden. Keine Kappe, kein Konzert! Zum Glück fällt Sia ein, dass die Kopfbedeckung direkt aus den USA nach Berlin geliefert wurde. Da ist der Flieger allerdings verpasst und es geht nur noch ein Flug nach Frankfurt/Main. Also muss der Star samt Entourage mit einer Autokolonne nach Chemnitz chauffiert werden.

Unterwegs fällt Busta ein, dass er schon länger nichts mehr gegessen hat. Das Schnellrestaurant auf halber Strecke akzeptiert zwar die Sonderwünsche der Crew, aber keine US-Dollar. Trotzdem trifft der Tross just in time in Chemnitz ein. Allerdings hat Busta Rhymes inzwischen fertig verdaut, und die Notdurftverrichtungsmöglichkeiten hinter der Bühne behagen ihm nicht. Der DJ heizt dem Publikum schon ein, als es sich der Rapper auf der Toilette des Veranstalterbüros bequem macht. Mit 45 Minuten Verspätung kommt er dann doch noch auf die Bühne und setzt als der beste Live-Rapper ever den Standard für US-Auftritte beim „Splash!“

8. 2005 – Sido wird ausgebuht

Das „Splash!“-Publikum ist eigentlich ein dankbares. Allenfalls über unmotivierte Ami-Stars wird ein bisschen gelästert. 2005 aber wird es hässlich: Sido spielt auf dem Höhepunkt seiner Rolle als Provokateur mit Harris als Deine Lieblings Rapper (sic). Er reicht damit seinen Kritikern die Hand und verneigt sich an angemessener Stelle vor seiner Herzensangelegenheit Hip-Hop: eine Boombox als Bühnenbild, DJ Stylewarz an den Plattenspielern. Die Hardliner im Publikum aber buhen ihn gnadenlos aus. In diesen Buhs manifestiert sich das große Missverständniss des deutschen HipHop: Dass er nämlich klingen müsse wie eine Stunde im Deutsch-LK, um wirklich gut zu sein. Sie sind auch symptomatisch für die Spaltung in der Szene, die das Festival in eine existenzielle Krise und schließlich schon bald in die Insolvenz führt. Erst über zehn Jahre später sind die Lager versöhnt, dank Haftbefehl und Cro, Gzuz und den Beginnern – und nicht zuletzt Sido selbst. 2017 kehrt er als Veteran und Popstar zum „Splash!“ zurück.

Sido erzählt: „Ich wurde damals nicht nur ausgebuht, da sind komplette Campingausrüstungen geflogen! Aber ich hab‘s verstanden. Ein paar Jahre vorher hätte ich das wahrscheinlich auch gemacht. Ich war einfach zu groß für das Splash!, wie es damals war. Allgemein hätte ich mir mehr Respekt den deutschen Künstlern gegenüber gewünscht. Die Ami-Acts wurden immer besser behandelt. Auch der Campingplatz war ‘ne Zumutung damals. Ich weiß das, denn ich hab da, solange mein Bekanntheitsgrad es zugelassen hat, gezeltet. Deswegen ist das Splash! auch immer noch etwas Besonderes für mich. Wir reden ja schon ein paar Jahre länger mit denen über ‚mein Comeback‘. Dieses Jahr haben wir uns dann geeinigt, und ich finde es wird auch wieder Zeit für Sido auf dem Festival – mit einer eigenen Show nur fürs Splash!: Das wird ‘ne Zeitreise!“

9. 2006 – Kollegah verkackt sein Debüt

Das „Splash!“ kann Karrieren begründen. Beinahe hätte es auch eine große Karriere verhindert. Kollegah – das Wunderkind aus dem Internet – spielt seinen ersten Gig überhaupt. Alle Augen sind auf ihn gerichtet: Kann er das? Live? Um es kurz zu machen: Er kann es nicht. Er hält das Mikro falsch und verkackt auf ganzer Linie. Der HipHop-Polizei gilt er als erledigt. Kolle aber beißt sich durch. Kollegahs knapper Kommentar heute: „Dazu ist schon alles gesagt.“ Der Mann ist zehn Jahre später einer der erfolgreichsten Rapper Deutschlands.

10. 2005/2006 – Die Save-Splash!-Aktion

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Auf die große Party folgt meistens der Kater. 2005 und 2006 regnet es beim „Splash!“ in Strömen. Das spiegelt die Stimmung in der Szene: HipHop hat nicht mehr das Standing wie ein paar Jahre zuvor. Man reibt sich auf in Grundsatzdebatten über Aggro Berlin – oder kopiert sie einfach schamlos. Die Luft ist raus. Die Folge: Das „Splash!“ geht pleite. Aufgeben ist allerdings keine Option. Ein Spendenkonto wird eingerichtet, im November 2006 in der Chemnitzer Arena ein Benefizkonzert veranstaltet, mit Größen wie Samy Deluxe, Dendemann und Curse, die mit den Musikern der Robert-Schumann-Philharmonie auftreten und letztlich, gemeinsam mit den Fans, das Festival retten.

Curse: „Ich hatte beim Splash! immer eine gute Zeit und sehr gute Auftritte. Für Künstler aus der Rap-Szene hatte es damals einen hohen Stellenwert, sehr persönlich. Wenn man dort auftrat, hat man sich als Teil eines Ganzen gefühlt. Ein bisschen hatte man sogar das Gefühl, dass das unser Festival ist. Dementsprechend war es für mich eine klare Sache, vorbeizukommen, zu spielen und zu versuchen, das Ding wieder auf die Beine zu bringen.“