Die beste Platte ist die schlechteste Platte


Sieben Jahre lang gab es The Wedding Present nicht. Trotzdem ist das neue Album kein Comeback ...

Für die Interviews zum neuen [und, dies vorab, sehr guten] Wedding-Present-Album TAKE FOUNTAIN hat man Indie-Legende David Gedge in die uncoolste Kneipe der Stadt gesetzt: An den schweren Eichenholz-Tischen im Hamburger „Funk-Eck“ hocken rund 30 rüstige Rentner, zum fruchtigen Weißriesling mit dezentem Bukett wird Kohl mit Pinkel gereicht. Kein Zweifel: Die ehemaligen Fans der Schrammel-Pop- Weltmeister aus Leeds scheinen mindestens doppelt so schnell gealtert zu sein wie Gedge und der Rest. „Geht ihr in Deutschland wirklich öfter in solche Läden?“ fragt der Sänger leicht irritiert und beginnt dann, die am meisten gestellten Fragen gleich in einem Rutsch abzuhandeln: Ja. der plötzliche Tod von John Peel, der The Wedding Present für ihre unpeinliche Liebeslyrik bewunderte, habe auch ihn niedergeschmettert und um Worte ringen lassen. Nein, TAKE FOUNTAIN sei selbstredend keine sogenannte „Comeback-Platte“, denn trotz über sieben Jahren Pause waren The Wedding Present nie offiziell aufgelöst. Und ja, auch Cinerama, Gedges gemütvolle Zweitband in Cinemascope-Format, werde es weiterhin geben. „Die neuen Stücke waren sogorzuerst für eine weitere Cineroma-Ptatte geplant. Aber dann hoben wir gemerkt, dass viele der Songs eher noch The Wedding Present klingen, und uns gesagt: Lasst es uns halt gleich wieder so nennen!“ Man möge dem Berichterstatter den zynischen Gedankengang verzeihen: Hierzulande ist es ohnehin egal, ob das neue Material (das tatsächlich die jeweils letzten Alben der Gedge-Bands auf ungezwungene Weise zusammenführt) unter diesem oder jenem Namen einsortiert wird- interessieren wird es wohl leider nur die, die sowieso beides interessiert. David Gedge muss ob dieser alten Leier grinsen: „Es ist ja nun auch in England nicht so, dass sich alte Fans und Medien auf uns stürzen werden. Wir sind wahrscheinlich einfach zu alt.“ Gedqe ist ein guter Gesprächspartner, weiter nicht gleich das Gesicht verzieht, wenn olle Kamellen zur Sprache kommen. GEORGE BEST, das legendäre Album-Debüt aus dem Jahr 1987. kann er trotzdem nicht mehr so richtig leiden: „Das ist unsere schlechteste Platte, weil sie voller Fehler ist. Wir standen damals noch ganz am Anfang. “ Da wird es plötzlich totenstill in der Kneipe. Die Rentner, diesmal entrüstet, werfen Gedge böse Blicke zu, denn GEORGE BEST ist, darüber herrscht in der Gemeinde Einigkeit, doch bekanntermaßen die beste Wedding-Present-Platte! Auf dem Cover damals: der nordirische Fussballer Best mit wehender Mähne. Manchester United wäre ohne ihn nichts gewesen, doch es nahm kein gutes Ende: Best verfiel dem Alkohol. „Er hat ’ne neue Leber bekommen. Macht’s vermutlich nicht mehr lange“, seufzt Gedge. Darauf noch einen Weißriesling.

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