Die Haut läßt den Untergrund aufmarschieren


MÜNCHEN. Mancher Jungrevoluzzer an der Gitarre hätte sich ein Beispiel daran nehmen können. Die Altvorderen des deutschen Untergrunds luden zum Tanz. Und die Liste der Kollegen, die der Einladung der Haut folgten, las sich wie eine Bestandsaufnahme der multinationalen Indie-Szene. die sich über die letzten zehn Jahre locker um die Schaltzentrale Berlin formiert hat. Nick Cave, Blixa Bargeld, Neubauten-Gitarrist Alexander Hacke, Anita Lane. Kid Congo Powers, Jeffrey Lee Pierce — sie alle waren gekommen, um live ein Haut-Jubiläum zu feiern, zu dessen Ehren die Gastsänger bereits vor eineinhalb Jahren auf dem Haut-Album „Head On“ brillierten. Nur Lydia Lunch mußte zu Hause bleiben, sie hatte sich kurz vor dem Münchner Auftritt ein Bein gebrochen.

Dem gelungenen Abend tat der Verlust keinen Abbruch, die etwas andere All-Star-Performance war mit das Gelungenste, was der Konzertherbst zu bieten hatte. Vielleicht, weil es so erfrischend zu beboachten war. wie wenig ernst sich die Indie-Päpste bisweilen nehmen, mit wieviel Spaß ein Herr Bargeld bei einer anderen Sache sein kann, vielleicht weil Kid Congos akkurat geliertes Haar so wunderbar als Gegensatz funktionierte zu Alex Hackes grenznaher Hardcore-Interpretation alter Ton Steine Scherben-Hits. Oder weil Blixa Bargeld und Anita Lane als schmachtendes PopDuo besser waren als weiland Sonny & Cher. Vielleicht weil wieder jedes Wort zu wenig ist, denn jeder Einzelauftritt wäre eine eigene Spalte wert.

Sicher ist auf jeden Fall: Wer nicht dabei war. hat ein legendäres Ereignis versäumt.