Die Rasen Rocker


Am Abend spielen sie den wilden Rock'n'Roller, tagsüber aber schwingen sie Seite an Seite mit Direktoren und Pensionären bieder den Schläger. Nicht mehr zu vertuschen: Golf ist der neue Lieblingssport der bösen Buben.

Er wird langsam erwachsen, der Rock’n’Roll: Einst der verpönteste Sport überhaupt, mausert sich das noble Golfspiel jetzt zum gesunden Ausgleich für lärm- und drogengeschädigte Männer von Hard bis Heavy. Die Liste der Rock’n’Roller, die regelmäßig zu den kleinen Bällen und den harten Stöcken greifen, liest sich fast schon wie ein Who’s Who der modernen Musik: Bruce Hornsby, Huey Lewis, Meat Loaf, Stevie Ray Vaughan, Alice Cooper und Pete Townshend, wie auch Musiker von Judas Priest, Starship, Cheap Trick, Mötley Crüe, REO Speedwagon, 11 Top, Ratt, AC/DC und Fleetwood Mac. Selbst Iggy Pop, ehemals Altmeister des Punk, schwört auf „die viele frische Luft und das beruhigende Grün überall.“ „Während der 60er und 70er Jahre hätte sich kein Rock-Star getraut, öffentlich zu diesem Hobby zu stehen. Das stank viel zu sehr nach Establishment“, erinnert sich Les Garland, Vizepräsident und Programmchef des US-Musiksenders MTV. „Heute ist es für die Musiker absolut schick, Golf zu spielen. Sogar mancher Plattenvertrag ist schon per Handschlag nach dem Einputten besiegelt worden“. Huey Lewis und Bruce Hornsby z.B. trafen sich erstmals 1985 auf einem Golfplatz – für Hornsbys 1986er Debütalbum hatte Lewis dann schon drei Songs produziert. Auch als Heilmittel gegen Streß und Langeweile auf ausgedehnten Tourneen hat sich Golf verdient gemacht – eine vernünftige Alternative zur normalen Live-Freizeit mit Fressen, Ficken & Fernsehen: „Früher dachten wir nur ans Kiffen und Ficken, heute bringen uns die Golflöcher viel mehr“, schwärmt Mickey Thomas von Starship.

Auch die Mitglieder von Cheap Trick haben ein Extra-Flightcase mit Golfschlägern im Tourgepäck. Gitarrist Rick Nielsen grinst: „Wenn es eine Möglichkeit gibt, sich kurzzeitig abzusetzen, dann nichts wie raus auf den nächsten Platz. Normalerweise tauschen wir Konzertkarten gegen Golfspiele ein. Die Platzgebühren sind ja nicht gerode billig, aber gottseidank sind es unsere Tickets ja auch nicht!“

Aufgehört mit dem grünen Sport hat bis jetzt nur Alice Cooper, einst Vater aller Rock-Golfer.“Auf Dauer ist es doch nur was für Softies. Wenn ich den Leuten Bälle an den Kopf schießen könnte, würde ich mir’s vielleicht nochmal überlegen.“