Ein Zerstörer findet seinen Hafen


Nach 15 Jahren, in denen er sich so wunderbar selbst im Weg stand, macht Dan Bejar alias Destroyer ein Pop-Album zum Sich-selbst-Einweichen.

Das Wort, nach dem wir nicht lange suchen müssen, heißt „Kauz“. So will Dan Bejar genannt werden, das flüstert uns seine Musik zu – seit 1996, als er sein Debüt We’ll Build Them A Golden Bridge aufnahm, ein ziemlich wackeliges Lo-Fi-Folk-Ding, wie es damals aber ja viele taten. Wenn der Kanadier, der mit oder ohne Mitstreiter sein Alias Destroyer unterhält, in eigener Sache spricht, bestätigt er das natürlich nicht. „Ich habe keine Ahnung, wie mich die Leute wahrnehmen. Mir kommt es vor, als sähen manche in mir ein Weichei. Und auch einen Miesepeter. Die Leute denken zudem, ich könne nicht singen. Und sie glauben, ich würde die ganze Zeit herumbrüten, eben eine typische gequälte Künstlerseele. Dabei bin ich viel umgänglicher, als die meisten denken. Und auf jeden Fall bin ich um einiges lustiger.“

Aber da kann er natürlich lange reden. Der Kauz. Wie er die späten Sechziger und die kompletten Siebziger durchdeklinierte und nacherlebte in seinem Werk, vorne herum Guided By Voices und Pavement Tribut zollte, hinten herum aber nicht weg kam von seinem Bowie. Und wir er seine Songs, selbst die gar nicht so raren catchy Stücke, die dank kompetenter Bandunterstützung stabiler, zuweilen sogar richtig opulent wurden, trotzdem nicht richtig auf den Punkt brachte und nicht rechtzeitig ins Ziel, einfach weil Zeilen wie diese ja noch gesungen werden muss: „Flower girl stalks the groom: a degenerate drunk on war graves, saying, guide me, misty poets!'“ (aus „Introducing Angels“) Wie? Was? „Dabei weiß ich normalerweise sehr genau, was ich sagen möchte“, betont Bejar.

Nach acht Alben jedenfalls kam der Bruch: Der Mann wollte endlich ein richtiges Pop-Album machen. Und das machte er dann auch, und was für eines! Es heißt Kaputt, ist in den USA bereits im Januar erschienen und gefeiert worden, und wird nun auch bei uns offiziell veröffentlicht. Es ist so smooth, gesaxt und geflötet, mit New-Age-Synthesizern und Gezirpe ausgekleidet, von Steely Dan und den späten Roxy Music bezirzt, aber auch von New-Wave-Basslinien vorangetrieben, dass jeder, der irgendwann in seinem Leben einmal einen Eid auf einen Rockriff schwor, sich fragen muss, wie kaputt muss man eigentlich sein, sich in diese Platte zu verlieben.

Albumkritik ME 4/11