Eins zu eins ist vorbei


2008 sah neue Herangehensweisen an das Sorgenthema Musiker-Biopic

Das Erfolgsmodell für veritable Musiker-Filmbiografenwarinden letzten Jahren einfach und immer dasselbe: Lass die biografischen Eckdaten auf einer Linie laufen, füge ein wenig Drama, Kindheitstrauma und die befreiende Kraft der Liebe hinzu. Hauptsache Katharsis am Schluss. Den Rest übernimmt die Musik. Siehe walk THE line. Siehe hay. 2008 räumte mit dem bequemen Ansatz auf, das Leben komplexer Künstler könne in einfachen Geschichten verhandelt werden, I’m Not There war am radikalsten in seinem Bestreben, sein Sujet nicht einfach nur als Summe einzelner emotionaler Highlights erzählen zu wollen. Bob Dylan war hier Mann, Legende, Star, Poet, Einsiedler, Protestsänger und bekehrter Christ. Und jeder Einzelne wurde eigens verhandelt, mit jeweils anderem Schauspieler (nur die beiden letzten vereinigte Christian Bale auf sich) und anderem Stil, das Ergebnis von Todd Haynes im Stil einer experimentierfreudigen Hommage miteinander verquickt.

Nicht weniger kunstfertig näherte sich der Fotograf Anton Corbijn in seinem Filmdebüt control dem Leben und Sterben von Ian Curtis an, mit expressiven Schwarzweißbildern, die Himmel und Hölle einer verlorenen Seele nicht besser hätten einfangen können, bis Sam Reilly – Entdeckung des Jahres! – förmlich vom Schatten geschluckt wird. Ein Exorzismus zum bohrenden Sound von Joy Division. Fuck art, make punk!

Oder sing auf der Straße, wie es Glen Hansard von den Frames in dem Low-Budget-Movie once vorexerziert. Hat zwar kein Vorbild in der Realität, lässt einen aber doch hautnah miterleben, wie Musik zwei Seelen vereinigt: Wenn Hansard mit Marketa Irglova am Klavier im Musikaliengeschäft erstmals „Falling Slowly“ intoniert, ist alles möglich, sogar der Oscar-Gewinn. Fuck punk, make art! Wie juno , bei dem sich Drehbuchautorin Diablo Cody die Haltung der Alternative Nation zu eigen machte und Regisseur Jason Reitman Bilder fand, als würde man Belle and Sebastian verfilmen. Oder wenigstens die Moldy Peaches, die einen Großteil des Soundtracks beisteuerten, auch wenn sich Ellen Page im Film mit Jason Bateman über die Melvins und die Stooges unterhält. Tief im Herzen ist Juno eben kein Kerl, sondern ein Riot-Mädchen, das rockt.