Erasure, Frankfurt, Volksbildungsheim


Das ist also der Stoff, aus dem die Träume der tanzwütigen Kids mit romantischem Bedürfnis sind… Knallhart peitschende Computerprogramme mit Direktanschluß unterhalb der Gürtellinie – gut für jede lichtdurchzuckte High Tech-Neon-Disco. Und gleichzeitig Soft Balladeskes mit leichtem Hang zu Kitsch und Pathos – eher ein Fall für plüschig-schummrige. intime Clubs.

Erasure brachten an diesem Abend beides in den nüchternen Saal des Frankfurter Volksbildungsheimes, beides frenetisch bejubelt, entweder mit rhythmischem Hüpfen oder schwelgendem Wunderkerzenzauber.

Auf der Guckkasten-Bühne, die jedem Act in diesem Haus immer einen Hauch von Theater anhaften läßt, eine Keyboardburg, dahinter Vince Clarke, gelegentlich (wenn die Tasteninstrumente ihr Programm allein herunterspulten) mit Gitarre um den Hals. Neben ihm (selbstredend in der Mitte des Geschehens) Sänger Andy Bell in rotem Frack über Pseudo-SupermanKostüm, auf die eigene Männlichkeit zugeschnitten, als aufgetretener Tänzer mit Conferencier-Tick (in broken german und nicht ohne Witz). Daneben zwei singende Go Go-Boys. Musikalisch ein Programm aus den beiden LPs ERASURE und WONDER-LAND, Synthi-Pop-Songs wie „Say What“ oder „Oh L’Amour“ mit tränendrüsendrückendem lntro und auch mal ein improvisiertes „Diamonds Are A Girls Best Friend“ als Einwurf vor dem Abrufen des nächsten Computerprogrammes.

Das Dilemma solcher Konzepte ist bei allem Entertainment aber offensichtlich: Zu viele Maschinen. Und zu wenig Flexibilität. Wenn dann auch noch dank der Akustik die Feinheiten und Facetten, die der Erasure-Musik gar nicht abgesprochen werden sollen, in den tiefen Wummer- und Stampf – Baß – Lagen baden gehen, dann kann man Vince Clarkes Einschätzung von Andv Bell als wirklich gutem Sänger live nur seltenst überprüfen.

Fazit: Es hätte (gemessen an den nicht allzu hochgeschraubten Erwartungen) schlimmer kommen können. Zum Beispiel hätte Bell mit der überzogenen Theatralik eines Freddie Mercury als Ober-Schwuchtel eher zu Würgreizen Anlaß geben können. Tat er aber nicht. Seine „Propaganda“ für das andere Ufer blieb erfreulich dezent.