Eurosonic Festival


Vorschau auf das Musikjahr: Jamie N Commons und Kraftklub begeistern beim Newcomer-Festival im niederländischen Groningen.

Die Zahlen sind beeindruckend: 293 Bands und sogenannte Einzelkünstler spielen an vier Tagen vor 33 000 Leuten, von denen 3 150 Konferenzbesucher aus insgesamt 41 Ländern sind. Das Gute: Man bekommt nichts mit von diesen anstrengend klingenden Superlativen, da sich alles gut auf 34 Bühnen verteilt. Zum Beispiel jetzt: Die Chemnitzer Band Kraftklub steht auf der Bühne eines überschaubaren Saals und animiert das Publikum mit David-Guetta-Querverweisen. Kraftklub gelingt an diesem Abend das Erstaunliche: Als nahezu einzige Band der vier Tage schaffen sie es, das zum Großteil aus Fachbesuchern bestehende Publikum mitzureißen.

So ist es nicht immer: In erster Linie ist das Eurosonic ein Schaulaufen für die kontinentaleuropäischen Festivals der kommenden Saison. Ein Showcase, bei dem sich die Künstler die Klinke in die Hand geben und keiner länger als 45 Minuten spielt – eine Art europäisches SXSW. Entsprechend spielen die meisten Musiker mit überschaubarer Backline: Anna Calvi tritt mit einem Trio auf, was egal ist, weil sowieso alle nur auf diese Stimme, diesen einmalig strengen Blick der Britin achten. Ganz anders Jamie N Commons. Der 22-Jährige ist DIE Entdeckung des Festivals. Ohnehin schon auf jeder zweiten Hotlist vertreten, beweist der Blueser eindrucksvoll, dass er die Vorschusslorbeeren verdient hat. Commons klingt, als hätte er Tom Waits und Mark Lanegan zum Frühstück verspeist.

Weniger originell dann die britischen Pulp-Wiedergänger Spector, die zwar inklusive Hornbrille und schlaksiger Gestik alles richtig machen, aber genau deshalb auch arg vorhersehbar und langweilig sind. Die tollen Niki & The Dove erinnern derweil an die junge Kate Bush – und scheitern live ein wenig an der mit dieser Referenz einhergehenden Theatralik. Alles kann man hier nicht aufzählen: Lianne La Havas empfiehlt sich als 34. „neue Adele„, Vondelpark erinnern mit psychedelischen Skizzen und nebligen Meditationen an The XX, Boy sind tatsächlich so gut wie alle sagen und die Pommes und das Frikandel aus dem Automatenrestaurant immer noch das beste Mittel gegen Kater.