Falco: Rache des Römers


Nach herben Flops und zweijähriger Pause steigt Johann Hölzel wieder in den Ring. Natürlich mit den sattsam bekannten Sprüchen, aber auch mit guten Argumenten - z.B. dem neuen Album DATA DE GROOVE. ME/Sounds-Mitarbeiter Martin Brem traf den ewig jungen Römer in Wien.

Herr Hölzel ist jetzt 33 Jahre alt und sieht enorm fit aus. Nach dem herzhaften und nicht immer gezügelten Genuß populärer Gifte, den ausgedehnten seelischen Orientierungsläufen und einer daran anschließenden „mentalen Entsorgung“ hat er wieder Halt gefunden und schmeißt sich, 17 Kilo leichter, in die neuerliche Schlacht um Popularitätspunkte.

Geschieden von Frau und Tochter („Eine Illusion! Ich bin kein Familienmensch“), wohnt Falco immer noch in jener schönen, peinlich sauber aufgeräumten Parkettfußboden-Wohnung in Wien Sieben, die er seit zehn Jahren als Basis-Lager für seine Expeditionen ins Tierreich aufgeschlagen hat. Eine gröbere immobilienmäßige Investition – ein Penthouse in Hietzing. als luxuriöser Falken-Familienhort geplant – bewohnt jetzt ein Araber für 70 000 Schilling Miete: das Wochenendhaus im Luftkurort Gars – eine traumhafte Gründerzeit-Villa – wird gerade renoviert. Falco steht finanziell auf festen Füßen – ist per Zinsertrag langfristig abgesichert. Was veranlaßt ihn also weiterzumachen, die Niederungen der Unterhaltungsindustrie heimzusuchen, sich dem Pöbel zu stellen?

„Gallien Krüger Amplificalion! Sieh dir meine Hand an!“ Der gelernte Bassist, leger ins Ledermöbel seines Wohnzimmers gelehnt, zeigt eine Fingerübung, welche nur hart arbeilende Saitenmeister bewältigen und die wohl die Seriosität seiner musikalischen Ambitionen dokumentieren soll. „Der einzige Vorwurf, den man mir machen kann, ist der. daß ich mich einkaufen huh lassen, daß ich die letzten drei Alben ein bisserl unter den Auflagen der Industrie produziert hab. Aber für das Geld hätt’s jeder Auflagen akzeptiert. A jeder! Selbst der liebe Gott. Ob er Oskar Werner oder Marlon Brando heißt. Aber jetzt ist mein Vertrag erfüllt. Ich bin 33 Jahre alt, nicht 53. Ich hab noch gute 20 Jahre vor mir, die ich bestens verbringen kann. „

Und so findet man auf DATA DE GROOVE den bestmöglichen Kompromiß. Spekulative Dancefloor-Konstruktionen neben frischen, mutigen Songs, die Falcos Weg in die Zukunft erahnen lassen. Ein Weg. der aber auch zu einem Gutteil in die Vergangenheit, in die „Prä-Bolland-Phase“. weist. Nach langer Zeit steht Falco wieder Robert Ponger zur Seite, jener Wiener Produzent, der bei den frühen Alben KOMMISSAR und JUNGE ROEMER als musikalisches Regulativ wirkte.

„Der Robert ist der beste! Weil er die kulturelle Authentizität hat. Mit den Bollands hab ich ja nie wirklich einen Schmäh g’habt. Ich bin bei denen im Studio eing’ritten und hab ihnen erstmal aufs Mischpult g’spibn: Paßt ’s auf, Burschen, so geht dös net!

Und jetzt mal ehrlich. Was haben denn alle meine Partner erreicht, als sie ohne mich gearbeitet haben, Nau, do schaun wir aber traurig aus. „

Und wie sieht’s mit dem großen, damals heiß diskutierten Millionen-Vertrag aus, den die US-Plattenfirma Sire Records dem Wiener Himmelsstürmer andiente?

„Ach hör mir auf! Seymour (Stein, der Chef von Sire) ist eine schwule Qualle. Druck das! Wahrscheinlich kann der nur mit Frauen gut. Ich laß mich doch nicht pudern von dem, nur damit da was weitergeht. Net für ein Wiener Schnitzel. Wenn ich was in den letzten 13 Jahren Showbusiness erlangt hab, dann ist dies einfach die Gewißheit, daß ich mit gewissen Leuten nicht kann. Und ich will mit keine Arschlöcher mehr reden. Dös brauch i nimmer. Ich sortiere meinen Umgang. Den Rest ignorier ich nicht einmal.

Und ich möchte auch zu irgendwelchen Zeitgeistlichkeilen nichts mehr sagen müssen: Wer sind wir, wo gehn wir hin. Entweder ich bin, oder ich bin net. Das Leben ist viel zu kurz, als daß man sich um Kraus’sche oder Warholmäßige Leitsätze zur Definition eines Zeitgefühls bemühen sollte. Hirnwichser! Zahlt sich nicht aus. Unsere Generation ist sowieso die letzte, die all die wunderbaren Angebole dieser Welt noch genießen kann. Also bitte kosten wir’s doch aus.“

Falco ist noch immer ganz der alte.