Ferienjobs – Gibt’s die noch?


Ferienjobs für Schüler waren schon in den vergangenen Jahren Mangelware. Auch 1976 geht der Trend weiter bergab. Gründe dafür sind die hohe Zahl von Arbeitslosen, Rationalisierung, Automatisierung, Einstellungsstop und die verschärften Bestimmungen des neuen Jugendarbeitsschutzgesetzes, das am 1. Mai 1976 in Kraft tritt und vor allem Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr betrifft. ME forschte in Hamburg, Berlin, Köln und München, welche Möglichkeiten sich für die Sommerferien in diesem Jahr abzeichnen.

HAMBURG

„Trostlos sieht es aus , hieß es beim Hamburger Arbeitsamt. Die Flaute hätte sich bereits 1973 abgezeichnet. Die Statistik sagt, daß 1975 nur 82 Schülerinnen und 136 Schüler über das Arbeitsamt vermittelt wurden. Die Tätigkeitsbereiche erstreckten sich von Büro- und Verkaufshilfen bis hin zu Packer-, Transporthelfer- und Lagerarbeiten. „Früher waren die Firmen froh, wenn die Ferien begannen“, hieß es weiter, „aber in diesem Jahr bestehen schlechte Aussichten.“

Aushilfsjobs – das gilt überregional – ergeben sich in der Mehrzahl kurzfristig. Unsere Recherchen bei größeren und mittleren Unternehmen ergaben oft negative, meist vorsichtige und selten positive Antworten. Die Bundespost zum Beispiel, vor mehreren Jahren noch beliebte Anlaufstelle für Ferienjobber, stellt in diesem Jahr keine Schüler ein. Erstens wurde ohnehin rationalisisert, um Arbeitskräfte einzusparen, und zweitens hält man sich hier strikt an das neue Jugendarbeitsschutzgesetz, da eventuelle Aushilfstätigkeit a) zu schwer ist und b) sich oft auf Nachtstunden erstreckt.

Die Bundesbahn hat seit dem 7. November 1974 Einstellungsstop.

Außerdem sei das Verkehrsaufkommen so weit zurückgegangen, daß Hilfskräfte gar nicht benötigt werden.

Die Kaufhäuser sind mit ihren Auskünften äußerst zurückhaltend. Oft beschäftigen sie einen festen, bereits eingearbeiteten Stamm. Nicht selten handelt es sich dabei um Kinder von Angestellten – das trifft übrigens auf viele Betriebe zu. Die Möglichkeit, kurzfristig einen Job zu ergattern, besteht im Prinzip, aber niemand will hier voreilig eine Flut von Jobsuchenden provozieren.

Geringe Chancen bestehen im Hotelgewerbe. Kleine Pensionen stellen – das ergaben unsere Stichproben – keine Hilfskräfte ein. Große Hotels berufen sich entweder auf das neue Jugendarbeitsschutzgesetz oder sprechen mit Vorbehalt von „eventuellen Möglichkeiten“, als Zimmermädchen zu arbeiten.

Positiver sieht es da schon bei den großen Verlagshäusern aus. Obwohl hier oft täglich bis zu zehn Anfragen auf den Tisch kommen, gibt es dort während der Urlaubszeit in den Büros, in den Archiven, in der Herstellung einiges für Schüler zu tun. Hin und wieder besteht natürlich die Möglichkeit, als Bote einzuspringen. Krankenhäuser ziehen zwar oft Studenten vor, da sie aufgrund ihrer Vorbildung sinnvoller einzusetzen sind, doch hier und da bietet sich unter Garantie die Gelegenheit, als Stationshilfe zu arbeiten. Wer sich um Ferienarbeit im Betrieb einer Werft bemüht, sollte möglichst 18 Jahre alt sein. Supermarktketten haben die Zahl der beschäftigten Schüler zwar drastisch eingeschränkt, sind aber „grundsätzlich bereit“, bei Bedarf einzelne Bewerber einzustellen. Aber hier wie überall heißt es: „Bitte keine falschen Hoffnungen.“ Und was verdient man, wenn es irgenwo mit dem Job geklappt hat? Im Raum Hamburg erstrecken sich die allgemeinen Verdienstmöglichkeiten von DM 5.- bis DM 9.-. Das richtet sich natürlich nach Alter, Qualifikation und Erfahrung.

BERLIN

Trotz aller Unkenrufe sieht das Landesarbeitsamt Berlin die Lage weniger kritisch. 418 Schüler fanden 1975 über die Vermittlung der regionalen Arbeitsämter einen Ferienjob. Das waren 19 Prozent weniger als im Vorjahr. Doch das Arbeitsamt bemüht sich in verschiedenen Finnen „mit aggressiver Werbung“ für die Schüler. Beschnitten werden die Chancen allerdings durch Betriebsferien. Doch ab Mai solltet Ihr ruhig selbst einmal in den großen Fabriken, Konzernen, Supermarktketten und vor allen Dingen in Krankenhäusern nachfragen, da hier kurzfristig immer wieder Schüler beschäftigt werden.

Bei den großen Elektrofirmen finden zwar Studenten leichter einen Job, aber anfragen sollte man auf jeden Fall, auch wenn die Tendenz im Vergleich zum Vorjahr negativ ist. Kaufhäuser sagten bei unserer Anfrage erst einmal grundsätzlich nein. Sollte sich kurzfristig etwas ergeben, so werden Aushilfen über die „Job“-Zeitpersonalvermittlung angefordert.

Bei der Post haben nur Schüler über 18 Jahre eine Chance. Da aber auch hier Einstellungsstop herrscht, ist noch nicht bekannt, wieviele Schüler überhaupt angefordert werden dürfen. Auskunft erteilt hier die Berufsinformation der Post, Hardenbergstraße 19, Berlin 12. In den Krankenhäusern bieten sich besonders für Mädchen noch gute Möglichkeiten, einen Job zu finden.

Das Landesarbeitsamt Berlin weiß aus Erfahrung, daß vier Wochen vor den großen Ferien die Nachfrage nach Aushilfskräften auch in schlechten Wirtschaftsjahren wächst. Nach der Rezession in den 60er Jahren hätte sich das schon einmal bewiesen. Und auch hier noch einmal die Verdienstspanne: Der Stundenlohn für Schüler im Bereich Berlin bewegt sich generell zwischen DM 4.und DM 6.-.

KÖLN

„Die Zahl der Schülerjobs im Jahre 1976 wird sich trotz überwundener Wirtschaftstalsohle weiter verringern, da sich der wirtschaftliche Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt stets mit Verzögerung bemerkbar macht“, läßt das Arbeitsamt Köln verlauten. Mit anderen Worten: Es sieht nicht gerade rosig aus. Während der Sommerferien ’75 wurden ganze 27 Schüler vermittelt. In den meisten Fällen zogen die Arbeitgeber Studenten vor, da sie im allgemeinen als „zuverlässiger“ und „vielseitiger“ gelten. Zudem ist es den Studenten wegen der dreimonatigen Semesterferien eher möglich, über längere Zeit zu arbeiten, während Schüler oft nur drei Wochen opfern wollen. Der Grund für das dürftige Arbeitsangebot ist auch hier, daß überfällige Arbeiten zunächst einmal von Kurzarbeitern übernommen werden und eventuelle Mehrarbeit an „Überstundenklopfer“ weitergegeben wird.

Außer einer in Köln ansässigen Schallplattenfirma wollte kein Betrieb eine edfinitive Zusage geben. Kleinere Betriebe wie Tankstellen, Kneipen oder Restaurants gaben durchweg abschlägigen Bescheid. Möglicherweise haben es Jugendliche, die außerhalb wohnen, da besser, da Ausflugslokale während des Sommerbooms vermutlich eher nach einer Aushilfe Ausschau halten. Relativ gute Chancen gibt es in Kölner Studentenkneipen, wenn auch nur an Wochenenden. Natürlich bietet sich auch hier der Job des Zeitungsboten an, obwohl der meist für das ganze Jahr schon vergeben ist – versuchen sollte man es auf alle Fälle. Daneben gibt es natürlich wiederum die Gelegenheit, in Krankenhäusern beim Putzen und Essenausteilen zu helfen, oder hier und da Handlangerdienste im Einzelhandel zu übernehmen. Der Stundenlohn bewegt sich in Köln zwischen DM 5,50 und DM 8,50. Höchstangebote sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, da sie meistens mit Schwerarbeit verbunden sind und auch nur an Schüler mit kräftiger Statur vergeben werden.

MÜNCHEN Auch in München gelten die bekannten Ursachen für eine Verringerung der Schülerjobs. Die Zahl der im vergangenen Jahr über das Arbeitsamt vermittelten Schüler liegt zwischen 500 und 600, genauere Angaben lagen nicht vor. Auch in München werden Studenten vorgezogen, zudem – und das gilt nicht nur für diesen speziellen Raum – sind zahlreiche Firmen mit Praktikanten versorgt.

Obwohl München einen außerordentlich großen Arbeitsmarkt besitzt, ist das Angebot durch viele „Zugereiste“ eingeschränkt. Die Stadt übt aufgrund ihres hohen Freizeitwertes noch immer eine enorme Anziehungskraft aus; darum ist der Run auf die Arbeitsplätze hier besonders groß. Wie überall können die Betriebe in Bezug auf Aushilfspersonal auch in München nur kurzfristig disponieren. Zwar steht das Arbeitsamt in ständiger Verbindung mit den Personalabteilungen zahlreicher Firmen, doch die einzige Zusage lautet, „sich bei Bedarf zu melden.“

Für Aushilfsarbeiten im Büro sucht ein Münchner Auto-Konzern „ab und zu“ Schüler. Die „Bier-Branche“ nimmt Schüler für Lagerarbeiten sowie als Faß- oder Flaschenabfüller. Die Kaufhäuser gaben unterschiedliche Auskünfte. In Ausnahmefällen haben Schüler die Chance, als Verkaufshilfe zu arbeiten, einige Häuser antworteten mit klarem „Nein“, und andere nehmen nur äußerst selten Schüler, da sich viele Volljährige bewerben. Wer Glück hat, rutscht ins Hotel- oder Gaststättengewerbe als Bufetthilfe oder Zimmermädchen, nur eine Münchner Zeitung beschäftigt Schüler als Hausboten oder in der Setzerei, und Kindergärten sind bei Mädchen so beliebt, daß kaum eine Aushilfsstelle frei ist. Es heißt sogar, man könne den Kindern gar nicht so viele Bezugspersonen anbieten, wie sich gerade dort anbieten. Und hier wieder die Verdienstmöglichkeiten: In und um München kann ein Schüler zwischen DM 4.- und DM 6.verdienen.

Wir konnten in jeder Stadt natürlich nur einzelne Stichproben machen, um Euch verschiedene Anregungen zu geben. „Was man braucht, ist so ’ne Art Vetternwirtschaft. Wenn man über Vater, Onkel odei Freund zu einem Job kommt, dann ist alles klar – ansonsten sieht die Lage schwarz aus!“ lautet der symptomatische Kommentar von Hans-Joachim Schunk zur Situation des Schülers auf Job-Suche. Wer daran interessiert ist, in den Ferien ein paar Mark zu verdienen, sollte sich auf keinen Fall ausschließlich auf andere verlassen. Wichtig sind Eigeninitiative und Hartnäckigkeit sowie ein wenig Druchblick, wie man auch ohne Unterstützung durch das Arbeitsamt einen Job ergattern kann. Wir haben in unserem Kasten einige Tips für Euch zusammengefaßt. Waidmannsheil!