Freundlicher Clochard – Peter Green: Live-Comeback in Frankfurt


Das Ganze hatte was von einem Treffen ehemaliger Frontsoldaten – die Music Machine Opening Night der Frankfurter Musikmesse geriet zur rockhistorischen Geisterstunde mit abgestandenem Seniorenrock. Entsprechend das Publikum in der tristen Messehalle 7: Lederbejackte Altrocker mit in die lahre gekommenen Blondinen im Schlepptau, dazu reichlich Menschen aus der Muckerbranche. Erstes Bier.

Den Einheizer macht Alvin Lee. Zusammen mit E Street Band-Saxophonist Clarence Clemons arbeitet der blonde Flitzefinger-Oldie wacker den Blues – inklusive obligatorischem Tm Going Home‘ als Rausschmeißer. Schmeckt irgendwie schal, auch wenn das Peace-Zeichen aus seligen Hippie-Tagen aussieht wie gerade auf die Klampfe geklebt. Zweites Bier.

Aber jetzt. Spannung in den Gesichtern, als VH-i-Moderator Alan Bangs, sichtlich bewegt, den Höhepunkt des Abends ankündigt: Peter Green, sagenumwobene britische Gitarrenlegende und seit Jahrzehnten Dauergast in psychiatrischen Anstalten, ist leibhaftig vor Ort und schickt sich an zum Bühnen-Comeback. Aus den dunklen Kulissen schlurft er zum Mikro, stöpselt seine alte schwarze Gibson ein und kündigt die erste Nummer so souverän und selbstverständlich an, als wäre all die Jahre über nichts gewesen. Die Spuren seiner tragischen Biographie sind Green deutlich anzusehen. Und doch wirkt er trotz schütterer Grauhaarmähne, ebensolchem Vollbart und aufgeweichten Gesichtzügen wie ein freundlicher Clochard. Allgemeines Glotzen – man weidet sich am Anblick dieses ganz offensichtlich kranken alten Mannes. Green startet mit einer Otis RushNummer, ‚It Takes Time‘. Ex-Whitesnake Neil Murray (Baß) und Altmeister Cozy Powell (Drums) halten sich erstaunlich dezent im Hintergrund, Co-Gitarrist Nigel Watson, ein gemütlicher Dicker mit Vollbart, übernimmt das Kommando: Seine Les Paul kleistert mit fettem Ton alles zu, Greens fragile Fills und fast schüchterne Rhythmusarbeit sind allenfalls zu ahnen. Nur hier und da blitzt der berühmte Ton auf, der seit frühen Fleetwood Mac-Zeiten Generationen von Gitarristen geprägt hat. Höhepunkte des Gigs sind denn auch die Goodies aus jenen Tagen: ‚Black Magic Woman‘ und ‚The Green Manalishi‘. Der fast 50jährige singt mit immer noch beeindruckender Emotionalität. Ab und zu grinst er beinahe glücklich in sich hinein – fast scheint es ihm egal, was um ihn herum vorgeht. Nach 30 Minuten ist der Spuk genauso plötzlich vorbei, wie er begann. Zeit fürs dritte Bier – denn ab jetzt hagelt es selbstverliebte Diddledidüüdiiis von Geoff Whitehorn und Slash. Die zwei liefern die Basis für Paul Rodgers‘ Macho-Brunftgeschrei (Hey girls, „they call me the hunter!“). Maria Glen gibt zum Finale das quirlige, mit allen Black Music-Wassern gewaschene Rumpelstilzchen. Trotzdem: Nach so vielen Grusel-Gespenstern aus einer längst versunkenen Epoche wird’s höchste Zeit für ein frisches Bier in der Gegenwart – schnell ‚raus hier.