German Grafitti : „Hard Days, Hard Nights“


Als die Beatles im "Star Club" spielten, ging's auf der Reeperbahn nachts um halb eins noch anders ab: Ein Spielfilm mit Musik aus einer legendären deutschen Zeit.

Sie heißen zwar nicht John, Paul. George und Ringo, aber sonst paßt alles: Vier Musiker aus Liverpool kommen Anfang der 60er Jahre nach Hamburg, um mit Club-Auftritten ein paar Mark zu verdienen. Die Gigs entwickeln sich vom Geheimtip zum Renner, eine Karriere beginnt. Während der Manager plant und kassiert, entdecken die Jungs die Reeperbahn und bekommen reichlich Gelegenheit, über die seltsamen Deutschen zu staunen.

Wer die Story von „Hard Days, Hard Nights“ hört, denkt sofort an die Beatles. Wer in dem Film vier Doppelgänger und Oldies erwartet, der wartet vergeblich. Horst Königstein, Musikfilmer und NDR-Redakteur, nahm die Beatles-Legende nur als Aufhänger für seinen ersten Spielfilm. Seine Hauptdarsteller sind Engländer, die Musik, die sie spielen, ist neu und aus deutscher Produktion.

Als 14jähriger kam Königstein 1959 zum ersten Mal auf die Reeperbahn. Seine Eltern hatten ihn mitgenommen. Die Faszination für den Ort und für die Zeit ist frisch geblieben. Mit Bewunderung erinnert sich Königstein an eine „Umbruchzeit“, in der alles möglich gewesen sei. Fast so wie heute. Die Spät-Nazis seien damals noch auf den Straßen patroulliert, und die junge Generation war auf der Suche nach ihrem Stil. Weil die verklemmten Wäsche-Shows der St. Pauli-Theater nicht mehr liefen, versuchten die Besitzer was anderes: Beat-Musik. „Vier nicht domestizierbare junge Leute kommen nun in diese repressive Umgebung“, so Königstein, „und führen was vor.“

Das „undeutsche Element“, das die Jungs aus Liverpool nach Hamburg brachten, habe ihn für seinen Film besonders interessiert. Undeutsche Elemente stehen seit 25 Jahren im Mittelpunkt der Radio- und Fernseharbeit des Hamburgers. Seit Königstein Assistent beim „Beat Club“ war, interviewte er eine Vielzahl englischer und amerikanischer Musiker, drehte die 13teilige Serie „Sympathy For The Devil“ (1972) und schrieb das Buch zum Fernsehspiel „Der Tag, an dem Elvis nach Bremerhaven kam“ (1979). Gemeinsam mit Regisseur Fritz Bringmann plante er damals schon einen Film über die zwei Monate, in denen die Beatles in Hamburg waren. Königstein hatte die vier zwar nie live erlebt, aber 1976 ein langes Interview mit Ringo Starr geführt, das den Anstoß und den nötigen Background lieferte.

Als das Projekt nach zehn Jahren endlich realisiert wurde, dauerte alles doch nochmal länger als geplant. Im Mai 1989 bereits wurden in London und Liverpool Darsteller gesucht. Der ursprüngliche Plan, eine existierende Band zu besetzen – die Stone Roses und die La’s waren im Gespräch – wurde bald fallengelassen.

Hansi Ströer und Stefan Schwertfeger schrieben die Songs für den Film und spielten sie mit den Hauptdarstellern in einem Hamburger Studio ein, in dem 1961 Bert Kaempfert aufgenommen hatte. Die Sorgfalt, die Königstein auf die Musik verwandte, war der Grund, warum er den Starttermin des Films zweimal verschieben mußte. Im August kommt nun sein Versuch, die frühen Sixties in Deutschland einzufangen, ins Kino. Titelsong und Motto: „Don’t Get Lost In The City Of Sin“.