Meinung

Gewalt in „Logan“: Werden Gemetzel der nächste Trend?


Mit abgetrennten Köpfen und vielen blutigen Szenen steht „Logan“ an der Spitze der Kinocharts. Die FSK findet die brutalen Szenen nicht so schlimm, während US-Studios die falschen Lehren aus dem Erfolg ziehen könnten.

Mit dem letzten Film der Wolverine-Trilogie haben es Hugh Jackman und Regisseur James Mangold endlich geschafft: Sie haben einen wirklich guten Film über die Figur gedreht. Zuvor erschienen 2009 und 2013 Solo-Filme des Superhelden, die allerdings eher unterdurchschnittlich waren. Nun endet die holprige Geschichte mit einem weltweiten Erfolg. Sowohl in Deutschland als auch in den USA ist der Film auf Platz 1 der Charts, trotz oder gerade wegen der extremen Gewalt, die in dem Film zelebriert wird.

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Und diese wirft Fragen auf. Bereits 2016 wurde der Superhelden-Film „Deadpool“ zum Erfolg, obwohl er in den Staaten ein „R“-Rating erhalten hat. Dies bedeutet, dass Jugendliche unter 17 Jahren nicht ohne Begleitung eines Erwachsenen ins Kino gehen dürfen. „Logan“ hat nun auch ein solches Rating erhalten, was aber weniger an der vulgären Sprache (wie in „Deadpool“) liegt, sondern daran, dass der Film außerordentlich brutal ist. Hugh Jackman schlägt seine Krallen häufig in die Gesichter seiner teils wehrlosen Feinde, ein kleines Mädchen schneidet einem Söldner sogar den Kopf ab und wirft ihn dann in den Wüstenstaub.

Fans von Superhelden-Filmen stören sich nicht an den den rauen Szenen, allerdings stört sich diese Zielgruppe an wenig, sobald ein Held mit übernatürlichen Fähigkeiten auf der Leinwand zu sehen ist. Der Hype um Comic-Verfilmungen hat eine sehr treue Zuschauerschaft hervorgebracht. Doch unabhängig davon, dass die extreme Gewalt in „Logan“ mehr oder weniger sinnvoll in die Handlung eingeflochten wurde, offenbart sie auch einige fragwürdige Trends.

Extreme Brutalität als Warnung

In den USA hat ein Kino ausdrücklich vor „Logan“ gewarnt. Eltern sollen nicht denken, es handele sich um einen bunten, lockeren Superhelden-Blockbuster. Das Kino betonte in den sozialen Netzwerken die extreme Brutalität, die in dem Film zu sehen ist.

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Was außergewöhnlich ist: In den USA, wo die Zuschauer der landläufigen Meinung nach lockerer mit expliziter Gewalt umgehen, ist der Film erst ab 17 Jahren zugänglich. In Deutschland hingegen ist „Logan“ bereits ab 16 Jahren freigegeben. Zum Vergleich: Der erste Film der Reihe, „X-Men Origins: Wolverine“ aus dem Jahr  2009, wurde ebenfalls mit dem Siegel FSK 16 freigegeben. Schaut man sich beide Filme an, würde man eigentlich nicht auf die Idee kommen, dass der Grad an Gewalt und vor allem selbstzweckhafter Gewalt auf einem Level ist. Wenn Gewalt nur um der Gewalt willen gezeigt wird, dann bezeichnet man dies als Selbstzweck. Dafür gibt es dann in der Regel eine Altersfreigabe ab 18 Jahren.

Zwar hat „Logan“ einen Tonfall, der Gewalt nicht wirklich glorifiziert. Dennoch arten die Actionszenen in einigen Momenten aus. Wenn Patrick Stewart als Professor X zahlreiche Gegner einfriert und bewegungsunfähig macht, knöpft sich Wolverine jeden einzelnen in Nahaufnahme vor. Abgehackte Gliedmaßen, Krallen im Kopf, viel Blut, wieder Krallen im Kopf. Wenn eine solche Szene kein Selbstzweck ist, was dann? Die Entscheidung der FSK sollte also zumindest beachtet und hinterfragt werden. Denn innerhalb von nur acht Jahren haben sich die Maßstäbe für die Einordnung von blutigen Szenen anscheinend stark verändert. Wovon in diesem Fall natürlich der Verleih profitiert.

Neue Trendwelle?

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Viel bedenklicher als die Altersfreigabe ist allerdings die Tatsache, dass besonders raue Blockbuster nun einen Trend auslösen. „Deadpool“ war 2016 zwar nicht so brutal wie Wolverine, aber dennoch deutlich gröber als die meisten Blockbuster. Mit über 200 Millionen Dollar Einnahmen am ersten Wochenende hat „Logan“ nun auch großen Erfolg mit der Entscheidung zu viel Blut im Film. Große Studios folgen nun dem Prinzip „Was funktioniert, wird weiterhin gedreht“. Es werden also wahrscheinlich weitere „R“-Rated Blockbuster in die Kinos kommen. Autor Todd McFarlane, der 1997 die Umsetzung des Comics „Spawn“ schrieb und auch wieder im kommenden Remake involviert ist, hat bereits angekündigt, dass der Film noch einmal deutlich brutaler und gewalttätiger werden soll als „Logan“.

Wenn die Lehre aus dem Erfolg des letzten Wolverine-Films nun ist, dass Gewalt eine neue Goldgrube an den Kinokassen ist, dann stehen düstere und sehr plumpe Zeiten bevor. Denn viel wichtiger als Enthauptungen und Blut war in „Logan“ doch eigentlich der Umstand, dass Regisseur Mangold sich Zeit genommen hat, seine wenigen Charaktere tiefer auszuleuchten, als es im Genre eigentlich üblich ist. Mit etwas Glück wird diese Lehre aus dem Film ja auch in zukünftige Action-Großprojekte übernommen. Ansonsten werden Comic-Charaktere, die Helden vieler Kinder und Jugendlicher, zu Figuren, die nicht weit von Horrorfilmen entfernt sind.