Patrick Stewart im Gespräch: „Manchmal reicht es nicht, wenn wir auf das Beste hoffen“


Patrick Stewart ist nicht nur Professor X aus „X-Men“ und Picard aus „Star Trek“. Er ist auch Aktivist und hat derzeit viel über Donald Trump und Europa zu sagen. So auch in unserem Interview.

Das Schönste an Patrick Stewart ist, dass sich der 76-Jährige für wenig zu schade ist. Im Herbst leiht er seiner Stimme einem Kacke-Emoji in einem animierten Film von Sony, seinen Ruhm als Kino-Ikone und Sir nutzt er, um für die Rechte Schwächerer zu kämpfen und auf die Straße zu gehen. Und natürlich ist er sich nicht zu schade, um im hohen Alter noch einmal in einem blutrüstigen Action-Blockbuster mitzuspielen.

„Logan – The Wolverine“: Wenn große Ambitionen im Blutbad untergehen
In „Logan – The Wolverine“ ist er mal wieder Professor X, der ehemalige Anführer der X-Men. Doch die Welt hat sich weitergedreht, Mutanten gibt es kaum noch, Stewarts Charakter liegt im Sterben und kann seine gewaltigen Kräfte nicht mehr kontrollieren. Er bereut weite Teile seines Lebens und geht mit Hugh Jackman, der zum letzten Mal Wolverine spielt, auf einen Abschieds-Roadtrip.

Zur Berlinale kam Stewart persönlich nach Berlin, um der Weltpremiere des Films den ganz großen Glanz zu verleihen. Am Potsdamer Platz, wo früher die Mauer Berlin teilte, wird er schnell politisch und erklärt, warum sein extrem gewalttätiger Superheldenfilm sehr wohl etwas zur aktuellen Lage der Welt zu sagen hat. Auch wenn dies eher glücklichem Timing geschuldet ist:

me.Movies: Herr Stewart, sind Sie vor so einer Weltpremiere überhaupt noch aufgeregt?

Patrick Stewart: Ja, vor allem bei diesem Film, von dem ich selbst sehr beeindruckt bin. Diese Filmreihe ist seit fast 20 Jahren Teil meines Lebens, einige der wichtigsten Entwicklungen in meinem Leben fanden in der Zeit statt, in der ich Charles Xavier gespielt habe. Und mit „Logan“ haben wir einen Punkt erreicht, an dem alle wichtigen Sachen gesagt wurden und nun noch einmal unterstrichen werden.

Zum Beispiel?

Was wir alle unterschätzt haben: Dieser Film wurde vor zwei Jahren erdacht. Jetzt, im Februar 2017, ist der Inhalt des Films plötzlich so relevant, so nah dran am Leben. Wir leben in der Welt von Donald Trump und Brexit.

Wie genau macht der Film das denn?

Das X-Men-Franchise war immer mehr als Action, Action, Action. Es ging immer auch um Herausforderung und die Nöte derer, die anders sind. Und als Charles Xavier repräsentiere ich immer die Menschen, die ihr Leben als Mutanten angenommen haben. Ich spiele einen Mann, der das Potenzial einer Mutanten-Zivilisation erkannt hat und sieht, wie die Welt davon profitieren kann.

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Dann wäre es ja eine schöne Botschaft zum Abschluss, wenn Professor X, Wolverine und Laura, das neue Mutanten-Mädchen, ein erfolgreiches Zusammenleben mit den Menschen haben könnten. Doch in „Logan“ steht am Ende Gewalt, Düsternis und ein gescheiterter Versuch des Zusammenlebens.

Das Happy-End ist Wunschdenken.

Aber im Film hätten Sie die Möglichkeit zu zeigen, dass das Zusammenleben von Andersartigen möglich ist. Sie tun es aber nicht.

„Logan“-Trailer: Hugh Jackmans letzter Auftritt als Wolverine könnte der ganz große Wurf werden
Es gibt ausreichend Anzeichen dafür, dass es da irgendwo eine bessere Welt gibt als die, in der dieser Film beginnt. Nehmen wir den Brexit als Beispiel: Die Gründung der EU war eines der bedeutendsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts. Hier in Berlin zu sitzen, am Potsdamer Platz, als ein Mitglied der britischen Gesellschaft, die sich nun entschlossen hat, aus der EU auszutreten, ist für mich unverständlich katastrophal. Das ist auf die selbe Art abweisend wie Donald Trump, der Mauern und Zäune bauen und die Türen zur Außenwelt zuschlagen will – mit Ausnahme von Russland natürlich. Und das greift dieser Film auf. Es geht zum Teil um den Kampf für eine gerechte Gesellschaft. Eine, in der jeder einen Platz hat und respektiert wird. Und es geht darum, dass es eine Zeit gibt, in der man dafür eben kämpfen muss. Weil man manchmal mehr machen muss als auf das Beste zu hoffen.

Wie beim Brexit, den sich ja anscheinend niemand vorher vorstellen konnte.

Feierte Weltpremiere auf der Berlinale: „Logan“.

Wir glaubten einfach nicht, dass das auf uns zukommen könnte. Genauso wie niemand dachte, dass Donald Trump im Weißen Haus sitzen würde. Und nun stellt es sich heraus, dass „Logan“ tatsächlich etwas dazu zu sagen hat. Ich denke nicht, dass das ursprünglich Teil des Plans von 20th Century Fox war.

Der Film greift sogar noch ein anderes Thema auf, das Ihnen sehr wichtig ist: Sie setzen sich für Frauen- und LGBT-Rechte ein. Und jetzt gibt es endlich einen Superheldenfilm mit einer liebevoll ausgearbeiteten weiblichen Figur. Hatten Sie Einfluss auf die Figur Laura?

Nein, aber ich war fasziniert von ihr. Aber auch etwas alarmiert von einigen Dingen, die sie tut.

Sie meinen die Szene, in der das kleine Mädchen einem Mann den Kopf abschneidet. Die fand ich persönlich deutlich zu krass. Denn wer in der realen Welt schneidet denn aktuell Leuten Köpfe ab?

Ich verstehe, was Sie meinen. Allerdings müssen Sie es in den Kontext setzen. Laura wurde „gebaut“. Sie wurde von einer bösen Gesellschaft zu einer Person gemacht, die so einen Akt begehen würde. Und eines der Motive des Films ist, dass sie merkt, dass es andere Lebensentwürfe gibt. Dass es mehr gibt. Sie lernt es zum Beispiel in der Sequenz, in der sie mit Wolverine und der normalen Familie beim Abendessen sitzt und ganz andere Personen kennenlernt. Und das ist doch etwas, das wir alle wollen oder worauf wir hoffen: Dass wir unsere Tore öffnen, anstatt sie zu schließen. Unsere Mauern einreißen, anstatt neue zu bauen.

„Logan – The Wolverine“ startet am 02. März 2017 in den deutschen Kinos.

Trailer

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