Grant Lee Buffalo kraftvoll, Juliana Hatfield saftlos


MÜNCHEN. Juliana Hatfield, gerade aus dem Dunstkreis der Lemonheads aufgetaucht und schon umschwärmt von trendsüchtigen Medienmenschen, soll beweisen, daß sie es wirklich ist: die neue Heldin der coolen Einsamkeitsprediger. Doch statt der wohlerzogenen Ostküstendame kommen erst einmal drei ungewaschene Westküstenjungs auf die Bühne.

Sie sind weder hip noch cool noch trendy —- das ist sogar im düsteren Münchner „Gleis 3“ zu erkennen. Sie sehen eher aus wie drei Azubis vom Bio-Bauernhof -— Jeans und Shirts, hängende Schultern und den Blick nach unten gerichtet: Grant Lee Buffalo.

Ein leises „Hello“ aus dem Halbdunkel bringen sie gerade mal heraus, doch kaum haben sie sich zu ihren Instrumenten geschlichen, zu der zwölfsaitigen Akustikgitarre, dem abgewetzten Baß und dem abgespeckten Schlagzeug, wird es mit einem Schlag hell und laut: „The Shining Hour“ galoppiert holprig durch die umgebaute Fabrikhalle. Die Büffel erwachen.

Mit roher Gewalt pflügen die Buffalos durch verkrustete Schollen von Blues und Folk, reißen Furchen in den ausgetrockneten Boden des Rock’n’Roll. Die Werkzeuge scheppern und die Zugtiere stöhnen. Ober-Büffel Gram Lee Phillips brüllt sich seine trübsinnigen Gedanken von der Seele, während die elektrisch abgenommene Zwölfsaitige immer schärfer kreischt. Doch spätestens nach einer halben Stunde muß auch der stärkste Büffel mal Luft holen —- und das Trio mutiert in Sekunden zum schnuckeligen Folktrio. Grant Lee Buffalo zelebrieren den Gegensatz zwischen zarten Tönen und schepperndem Gitarrenlärm, den das Publikum erst mit staunendem Schweigen, dann mit minutenlangem Applaus quittiert. Die Zugabe fällt dennoch aus: Bühne freimachen für Frau Hatfield.

Der Hauptact kommt — und reduziert sich schnell auf ein unauffälliges Normalmaß. Konfuse Songs ohne Spannung, bei manchen verspielt sie sich gleich so gründlich, daß die Begleitband ein Einsehen hat und nochmal von vorne beginnt. Schade, denn ein erneuter Büffelauftrieb wäre interessanter gewesen als das kraftlose Gekiekse der Lemonheads-Gespielin aus Boston.