Hauptsache: Sex, Drogen und Skandale


„Die Thompson Twins wollten mal unbedingt eine Serie. Ich sagte: „Schaut, ihr seid so jenseitig, ich glaube nicht, daß ich da was machen kann.“ Das ging eine Weile hin und her, bis sie meinten: „Na gut, dann liefern wir dir eben ein paar druckreife Sprüche.“ Wir haben uns zusammen hingesetzt,— und Alannah erzählte Sachen wie: ‚Wir haben natürlich zwischendurch immer wieder Affären.‘ Das ist natürlich alles bloß ein Witz. Man denkt sich das alles zusammen aus. „Offenbar nicht immer. George Michael trifft sich immer noch mit Schreibern vor Gericht, die behauptet haben, er sei sturzbesoffen in der Londoner Discothek Limelight gewesen und habe seine Freundin vollgekotzt. „Ich war in der Nacht nicht mal dort! Und ich kann ihnen so eine glatte Lüge nicht durchgehen lassen, schon am Prinzip nicht, sonst wird’s bloß noch schlimmer.“

Andere geben schneller auf. Simon Le Bon hatte gerade seine Yasmin geheiratet, als es auch schon hieß, er treibe es mit Fotomodell Maree Herbert in Australien, während seine schwangere Frau zu Hause auf ihn warte. Yasmin hatte eine Fehlgeburt. Simon und besonders seine Mutter machten erstmal lauthals die Zeitungen verantwortlich, hielten aber schon bald wieder den Mund. Wenn Stars nichts neues zu sagen oder zu verkaufen haben, wollen sie auch keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich lenken.

Gerade in einem Fall wie Duran Duran wird deutlich, wie eine Entwicklung, die man selbst gestartet hat, auf einen zurückfallen kann. Anfang der 80er-Jahre trat die neue Generation der Popgruppen an — und die alten Werte wie „streetcredibility“ (sich den Fans glaubwürdig als „einer von uns“ zu präsentieren) zählten plötzlich nichts mehr.

Die neuen Stars wollten in erster Linie so berühmt sein wie Prinzessin Diana und so reich wie Kashoggi — und sie wollten gar nicht mehr groß in die ernsthaften Musikzeitschriften, lieber in die Boulevard-Presse, wo die großen Auflagen sind. Wie sich das alles verselbständigen würde, hat wohl vor fünf, sechs Jahren noch keiner geahnt.

Die Klatschreporter lachen sich derweil ins Fäustchen und kassieren. John Blake ist verheiratet, hat drei Kinder und verdient um die 150.000 Mark im Jahr — „Gefälligkeiten“ nicht eingerechnet. Er besitzt eine Yacht und ein Haus für eine Million Mark in Middlesex.

Blake arbeitete schon als Schüler für Lokalzeitungen, stieg dann Ende der 70er Jahre bei den Londoner „Evening News“ ein und startete die erste Pop-Kolumne in einer britischen Boulevardzeitung. Unter dem Titel „Ad-Lib“ brachte er zwar hauptsächlich schmeichlerische Star-Interviews, setzte sich aber gleichzeitig vehement für so radikal angesagte Forderungen wie die Legalisierung von Cannabis ein.

Immer im Trend sein, koste es, was es wolle — das Konzept ging auf. Und als Blake nach Schließung der „Evening News“ zum Konkurrenzblatt „London Evening Standard“ wechselte, schlug „Ad-Lib“ erst richtig ein.

Den Chefredakteur des schärfsten Londoner Revolverblatts, „The Sun“, -wurmte das gewaltig. Kelvin MacKenzie zückte schließlich sein Scheckbuch, Blake desertierte zur „Sun“ und machte „Bizarre“, eine Kolumne im Stil von „Ad-Lib“, allerdings mit dem besonderen Biß der „Sun.“

Wo der herkommt, sollte Blake bald merken. „Erst sagten sie mir, ich könne die Kolumne schreiben, wie ich wolle“, erinnert er sich. „Aber wenn ich dann Stories schrieb, die mir gefielen, brachte sie mir der Chefredakteur zurück und meinte: ‚Das ist total langweiliger Scheiß.‘ Fünf Tage in der Woche war ich dem ungeheuren Druck ausgesetzt, mit irgendwas absolut Sensationellem anzukommen. „

Die „Sun“ wurde eh schon von jedem 12. Briten gelesen — jetzt galt sie plötzlich auch noch als Stimme der Jugend. Ihr Hauptkonkurrent, der „Daily Mirror“, sah dagegen jeden Tag älter aus, war bloß noch ein Relikt aus der Vergangenheit.

Als Presse-Zar Robert Maxwell sich den „Mirror“ kaufte, stand die „Sun“ um mehr als eine Million verkaufter Zeitungen pro Tag besser da. Aber Maxwell schnappte sich John Blake.

Blake nahm sich auch die frühere „Sun“-Schreiberin Gill Pringle mit, die unter anderem als einzige den Skandal der Beastie Boys in Montreux erlebt haben will. (Die dort angeblich krebskranke Kinder beschimpften.) Die „Sun“ wechselte mittlerweile über Martin Dünn und Nick Ferrari zu Garry Bushell von der eher linken Musikzeitschrift „Sounds“. Seine größten Verdienste waren, „Bizarre“ zum vierseitigen „Go Bizarre“ aufzumotzen und das Wohltätigkeits-Spektakel „Ferry Aid“ zu organisieren.

Momentan erscheint „Bizarre“ unter Federführung des 39jährigen Rick Skimonsky, der vorher acht Jahre für den „Daily Star“ klatschte, hier wie dort unter dem Pseudonym Rick Sky.