Immer ein Späßchen auf den Lippen. Mit Rock zum Mitsingen wollen Sugar Ray Europa erobern.


Die Suite im neunten Stock des Sutton Place Hotel im kanadischen Vancouver gleicht einem Jugendherbergszimmer. Mark McGrath rutscht auf allen vieren auf dem Boden herum. Dem smarten Sänger der südkalifornischen Band Sugar Ray ist der Flaschenöffner runtergefallen, und seine Bandkollegen machen sich nun über den 1,90-Meter-Mann mit den blond gefärbten Haaren und Tattoos an beiden Armen lustig. Es hilft nix, der Öffner bleibt verschollen, und McGrath reicht sein Bier an Kollege Murphy Karges weiter. Der Bassist muss seinem Sänger die Budweiser-Pulle mit dem Feuerzeug aufmachen – das kann McGrath nämlich nicht. Nicht nur während der Sugar Ray-Gigs mag der gut aussehende Frontmann nicht auf seinen Gerstensaft verzichten. Auch bei Interviews darf die braune Flasche in der Hand nicht fehlen.

Zwei Jahre Abstand zwischen jedem Album halten inzwischen die meisten Bands ein, so auch Sugar Ray. 1995 erschien das soundmäßig stark an die Red Hot Chili Peppers angelehnte Debütalbum „Lemonade And Brownies“, zwei Jahre später das hoch gelobte Nachfolgewerk „Floored“, mit dem die Band dank einer wilden Mischung aus HipHop, Rock und Punk kräftig Sympathiepunkte sammeln konnte. Hits wie „Fly“ und „Every Morning“ dudeln auch heute noch ständig im Radio. 1999 stand dann mit „14:5g“ das letzte Album des Quintetts aus dem schönen Orange County in Südkalifornien in den Läden. Doch die Entwicklung von Mc-Grath und seinen Kumpels Murphy Karges (Bass), Rodney Sheppard (Gitarre), Stan Frazier (Schlagzeug) und DJ Craig Bullock stagnierte.“Wir hatten uns irgendwie festgefahren“, sagt McGrath und pult das Etikett von seiner Bierflasche.“Wir mussten uns soundmäßig weiterentwickeln, ohne unsere Linie zu verlieren. Dabei hatten wir sie schon verloren.“

Jetzt hat sich die Band so weit gesammelt, um erneut zum großen Sprung anzusetzen und endlich das Image des Two-Hit-Wonders loszuwerden. Auf ihrem vierten Album, schlicht „Sugar Ray“ betitelt, besinnen sich McGrath und Co. auf ihre Wurzeln und das, was sie am besten können: rockig, melodiös und ohne viel Brimborium zur Sache zu kommen. Das klingt gut und aufgeräumt und ein bisschen, mit Blick auf den Albumtitel, nach Neuanfang. „Ach nein, überhaupt nicht“, schüttelt McGrath den Kopf, „uns ist schlicht kein anderer Titel eingefallen. Damit haben wir uns schon immer schwer getan, wir sind keine Freunde von konstruierten Schlagwörtern.“ Und Bassmann Murphy Karges ergänzt: „Musikalisch gehen wir zwar neue Wege, weil wir jetzt mehr Wert auf abgespeckten Rock legen und dabei die Melodien nicht aus den Augen lassen. Das soll sich aber nicht unbedingt beim Albumtitel widerspiegeln. Wir sind einfach nur stinkfaul.“

Recht haben die beiden, schließlich kommt es nicht auf die Verpackung, sondern den Inhalt an. Und der gemäßigte Sugar Ray-Style kann sich hören lassen. Nach Amerika, wo die Band mit den drei Alben zuvor mehrfach Platin eingefahren hat, wollen die Fünf auch Europa endgültig für sich einnehmen. Dafür haben sie, statt erneut auf die Dienste von Stammproduzent David Kahne zurückzugreifen, mit Produzent Don Gilmore einen neuen Mann hinter den Reglern verpflichtet, der das Album von ungezügelt und brachial auf moderat gebügelt hat. Dass die Band mehr Wert auf flottes Liedgut zum Mitsingen legt, ist eindeutig zu erkennen. Songs wie „When It’s Over“, „Under The Sun“, „Ours“ oder das von Gitarren dominierte „Sorry Now“ sind zwar immer noch leicht ungestüme, aber gefällige Rocksongs, die man bereits nach wenigen Durchläufen lässig mitsummen kann.

Dass der neue Produzent Gilmore einen Hund besitzt, soll die Wahl jedoch nicht beeinflusst haben, wie McGrath versichert. Die Band steht nämlich auf Vierbeiner, jeder der Fünf hat mindestens einen, die auch alle im Booklet zu besichtigen sind. Austin, die Bulldogge von Gitarrist Rodney Sheppard, spielt sogar in jedem Video von Sugar Ray mit. Und wer ein Tier hat, kann auch etwas erzählen – zumindest wenn er wie McGrath in den Hollywood Hills wohnt. „Wenn ich mit Lola und Ruby, meinen beiden Pinschern, Gassi gehe, treffe ich öfters den einen oder anderen Promi. Ab und zu Jason Priestiey von ‚Beverly Hills 90210‘, und neulich habe ich sogar Sylvester Stallone am Straßenrand gesehen, wie er seinen Hund zusammengeschissen hat. Scheint ihm finanziell wohl nicht so gut zu gehen, der hatte sonst immer einen Dogsitter.“

McGrath, der regelmäßig in den Most-Sexiest-Men-Alive-Listen amerikanischer People-Magazine ganz vorne landet und bei Konzerten von seinen weiblichen Fans niedergekreischt wird, kann sich nicht beklagen. Nicht nur, dass er Frauen wie Hemden wechselt, er kann es sich auch leisten, selbst eine wie Madonna abblitzen zu lassen. Die wollte nicht nur einen Song von ihm, sondern auch gleich noch persönlich seine Tattoos am Body nachzählen. „Madonna ist mir zu alt“, stöhnt er lächelnd. „Was soll ich mit einer Frau anfangen, die zehn Jahre älter ist als ich?“ Da sind ihm die zahlreichen Groupies bei Konzerten schon lieber. „Oft nehmen die sogar ihre Mütter in die Show mit und versuchen anschließend, gemeinsam backstage zu kommen. Die sehen das als Wettbewerb“, erklärt McGrath und trinkt dabei genüsslich die mittlerweile dritte Flasche Bier aus.“Es verliert dabei aber niemand: Ich nehme die Töchter, und die Mütter müssen sich mit den anderen Jungs vergnügen.“

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