Isaac Hayes


Alles, was Rap und Namen hat, bediente sich beim Altmeister des Groove. Jetzt feiert der Vielgesampelte sein Comeback

Strahlende Frühlingssonne über Hamburg. Der Wetterfrosch scheint an diesem Tag alles richtig machen zu wollen. Es gibt allerdings auch einen besonderen Anlaß: In einer Suite des Atlantic-Hotels bittet eine lebende Legende zur Audienz: Mr. Isaac Hayes – neben Marvin Gaye, James Brown und Sly Stone der wohl bedeutendste Innovator der Soulmusik. Nach sieben Jahren musikalischer Schaffenspause, die er vor allem mit Jobs als Schauspieler (‚Zwei Millionen Trinkgeld‘) ausfüllte, will es Isaac Hayes noch einmal wissen. Äußerlich hat sich der Godfather des symphonischen Soul kaum verändert. Rasierter Schädel, Vollbart, nur um die Hüften – die von einem Designer-Jogginganzug kaschiert werden – ist er etwas fülliger geworden.

Mit seinem neuen Album ‚Branded‘ läuft Hayes bewußt keinen aktuellen R&B-Trends hinterher, sondern knüpft direkt an glorreiche Stax-Zeiten an. Alte Weggefährten wie Michael Toles, Lester Snell und Charles „Skipp“ Pitts stehen ihm dabei zur Seite. „Ich bin bewußt nach Memphis zurückgegangen. Keine Stadt hat mehr Soul, Gospel, Blues und Funk. Die Magie war sofort wieder da. Wir haben einfach drauflosgespielt und plötzlich waren 22 Tracks im Kasten es war wie in den guten, alten Stax-Tagen.“ Bei Stax Records in Memphis begann einst seine Karriere. Zunächst als Studiomusiker (u.a. für Otis Redding), später als erfolgreicher Songschreiber (in Zusammenarbeit mit Davis Porter) und Produzent von Sam & Dave, Carla Thomas und Johnnie Taylor. Mit dem Album ‚Hot Buttered Soul‘ schreibt er 1969 auch als Interpret Musikgeschichte. 1971 komponiert er die Filmmusik zu ‚Shaft‘ („Eigentlich wollte ich die Hauptrolle spielen!“) und kassiert prompt den Oscar dafür. Isaac Hayes wird zum „Black Moses“, seine Konzerte und Bühnenoutfits sind so pompös, daß sein musikalisches Schaffen davon gänzlich überschattet wird. 1975 erklärt Stax den Bankrott. Hayes verliert ein kleines Vermögen, und auch seine Karriere gerät ins Wanken. In der Ära von Philly-Sound und Disco, die erst durch seine Werke eingeläutet wurde, spielt der Altmeister nur noch die zweite Geige. Mitte der 80er startet er halbherzig ein Comeback, doch nach dem Album ‚Love Attack‘ gibt er 1988 schließlich entnervt auf.

„Das wird mir nicht noch mal passieren,“ sagt Hayes heute. „Jetzt habe ich endlich wieder eine Firma gefunden, bei der Isaac Hayes Isaac Hayes sein darf.“ So bereitet der 52jähige derzeit ein Album vor, auf dem unterschiedliche Rapper ausschließlich mit Hayes-Samples arbeiten werden. Speech von Arrested Development und Scarface haben bereits zugesagt. Aus Achtung vor einem großen Künstler, der seit Jahren in der HipHop-Szene zu den meistgesampelten Musikern zählt. Ob Above The Law, Dr. Dre oder die Geto Boys – sie alle machten sich Hayes‘ unwiderstehliche Grooves zunutze. Und selbst Bands wie Portishead (‚Glory Box‘) und Tricky (‚Hell Is Round The Corner‘) profitieren bei ihren besten Stücken von geliehenen Sounds aus Hayes-Kompositionen. Kompliment oder Diebstahl? Isaac Hayes nippt an seinem Glas Orangensaft und lächelt: „Es schmeichelt mir natürlich, wenn ich gesampelt werde. Das bedeutet doch, daß meine Musik immer noch appeal besitzt. Nur, auf Respektsbekundungen von Gangster-Rappern kann ich verzichten. Leute, die Gewalt verherrlichen und Frauen als ‚bitches‘ und ‚whores‘ bezeichnen, verachte ich. Jemand sollte sie für diesen shit zur Verantwortung ziehen.“