Kaum Alternativen


Abgesehen von den überraschend erfolgreichen Spätzündern No Doubt und Chumbawamba gab es im Alternative Rock 1997 wenig wirkliche Highlights

Live, Henry Rollins, Faith No More, Helmet – die alternativen Highlights des Jahres waren zwar grundsolide, dafür aber auch wenig aufregend. Vornehmlich hielt man an bewährten Traditionen und Strickmustern fest. Möglicherweise aus Angst vor musikalischen Experimenten, vielleicht aber auch durch den Druck der involvierten Plattenfirmen, die 1997 arge Probleme hatten, ihre Ansprüche in Sachen Umsatz zu realisieren. Doch was die Verkäufe betrifft, blieben sowohl „Secret Samadhi“ von Live als auch „Come In And Burn“ von Henry Rollins und „Aftertaste“ von Helmet weit hinter den Erwartungen zurück. Als Abräumer traten andere auf den Plan. No Doubt zum Beispiel. Deren „Tragic Kingdom“ war zwar schon seit Sommer ’96 auf dem Markt, konnte sich aber erst mit dem tränenreichen Singlehit „Don’t Speak“ beim Massenpublikum durchsetzen. Seitdem gehören Gwen Stefani und ihre Jungs zu den Großverdienern. Dabei entstammen sie als Ska-Band, die sie ursprünglich einmal waren, einer Szene, die nicht jeden Tag einen Umsatzmillionär hervorbringt. In den USA allerdings erlebt der Ska derzeit ein ungeahntes Comeback. Initiiert durch Bands wie Rancid oder die Mighty Mighty Bosstones ist in den Staaten ein regelrechter Two Tone-Boom ausgebrochen, in dessen Sog sich Tausende von neuen Bands formieren. Die aussichtsreichste darunter heißt Smash Mouth. Ihr Debüt „Fush Yu Mang“ gilt als der Geheimtip schlechthin. Die bewährten Zugpferde im Bereich „Alternative“ dagegen hielten sich 1997 souverän zurück. Die Smashing Pumpkins vertrösteten ihre riesige Fangemeinde mit einem einzigen neuen Track („The End Is The Beginning Of The End“ aus „Batman & Robin“), R.E.M. glänzten nur durch Nebenprojekte und mußten zudem einen herben Verlust verkraften. Drummer Bill Berry, des Tourens und Aufnehmens müde, will sich fortan nur noch seinem Hobby widmen – Berry ist ein begeisterter Landmann und besitzt als solcher eine eigene Farm. Derweil bastelt Michael Stipe an seinem Film-Debüt. Mike Mills hingegen nimmt lieber den Golfschläger in die Hand und beteiligt sich mit selbigem an sportlichen Wettkämpfen. Vornehmlich in Freizeit macht auch J. Mascis von Dinosaur Jr., der seinen künstlerischen Zenit ebenso überschritten zu haben scheint wie Sonic Youth. Letztere veröffentlichten 1997 lediglich einen Soundtrack („Suburbia“). Dabei sollte ihr neues Studioalbum bereits seit Februar fertig sein.

Um so besser lief es bei Chumbawamba. Nach dem Wechsel zur Großindustrie trieben die Musikanarchos ihr subversives Spiel mit radikalen Texten und eingängigen Melodien so effektiv wie nie zuvor. Ihr Album „Tubthumper“ wurde zum regelrechten Renner. Und das mit Songs, die sich gegen das Establishment und internationale Großkonzerne richten. Letzteren wird’s so lange recht sein, wie der Rubel rollt.