Kindness


Schaut aus wie der frische Evan Dando, ist aber eine Disco-Funk-Maschine

Ui, hier öffnet sich die Sound/Lichtbild-Schere aber besonders weit: Wer ein Foto von Adam Bainbridge zu sehen bekommt, zum Beispiel auf dem Cover seines Debüts World, You Need A Change Of Mind, auf dem er durch die langen Strähnen seines fließenden Haars ernst in die Welt blickt, fühlt sich an die frühen Lemonheads erinnert. Doch Adam dealt mit ganz anderen Geistern der 80er-Jahre. Auch wenn das erste Stück, mit dem der Junge 2009 mit einem Single-Release auf Moshi Moshi aufmerksam machte, ein schwebendes Cover von „Swingin‘ Party“ war, einem Stück der Alternative-Rock-Pioniere The Replacements. Fragt man jedoch den Sohn einer indischen Mutter und eines englischen Vaters nach seinen Vorbildern, nennt er Grace Jones, Discounderground-Ikone Walter Gibbons und Serge Gainsbourg in dessen Reggae-Phase. Wenn er zur Gitarre greift, spielt er Nile-Rodgers-Licks, und Slapbass-Einsatz und Saxofonsolo bietet er auch an. Und manchmal drehen er und Philippe Zdar (Cassius; arbeitete u.a. mit Phoenix und Chromeo) seinen druckvollen, gefilterten Groove derart hoch, dass der sich sogar mit dem gewaltigen 80s-R’n’B-Sound eines Alexander O’Neal messen kann. Tatsache, dieser Typ ist eine veritable Disco-Funk-Maschine. Für „Black Music“-Partys in Stadtrand-Diskotheken wird ihn trotzdem keiner buchen, weil ihm zwar nicht die Hooks, aber die eindeutigen Hits abgehen. Wie bei Ariel Pink klingt diese Musik nicht wie früher, sondern wie eine Erinnerung daran, an der man sich allerdings ordentlich berauschen kann. Bleibt noch die Frage, was Adam eigentlich so lange getrieben hat, seit dem Release seiner ersten Single. Sich von Musikbusiness-„Partnern“ hinhalten und ausnehmen lassen – und darauf warten, dass Philippe Zdar endlich zusagt. „Erst als ich ihm klar machte, dass ich mit keinem anderen zusammenarbeiten kann, sagte Philippe:, Wenn das so ist, dann lass es uns machen.‘ Und es wurde genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte.“

Albumkritik S. 86

* Adam Bainbridge studierte in Paris Fotografie, doch als ihm das Geld ausging, brach er es ab. Danach lebte er u.a. in Berlin als Fotograf und DJ.

* In Philadelphia konnte er als Gast eines arts residency-Programms in Ruhe an seiner Musik arbeiten.

* Der Song „Anyone Can Fall In Love“ ist ein Cover von Anita Dobsons Interpretation des Titelthemas der britischen Endlos-TV-Serie „EastEnders“.