Lady Miss Kier (Deee-Lite)


Hast du die Siebzigerjahreklamotten aus den Neunzigern noch?

Ja, aber ich trage sie kaum noch. Ich stehe heute eher auf Pailletten und alles, was funkelt. Wie eine Elster. Ich mag Menschen, die aussehen, als kämen sie aus einem Fellini-Film. Schönheit hat mich nie interessiert.

Deee-Lite haben sich 1994 aufgelöst. Warum hast du nicht allein weitergemacht?

Habe ich ja. Aber ich wollte keine Songs raushauen, ohne Videos, Graphic Novels und eine multimediale Live-Show fertig zu haben.

Alles das wird es geben?

Ja. Und das dauert. Bei Deee-Lite fühlte ich mich immer gehetzt. Außerdem muss ich mir ein Management suchen, das für mich arbeitet, ohne mich gleichzeitig auszurauben.

Was ist bei Deee-Lite schiefgelaufen?

Für unsere letzte Tour gab es von der Plattenfirma kein Geld. Als Gegenleistung hätten wir erwartet, dass man uns in Ruhe lässt. Stattdessen mussten wir uns sagen lassen, wie unkommerziell unsere Musik geworden sei. Ich bin froh, meine Musik heute direkt an die Leute bringen zu können.

Hast du schon über Finanzerungsmodelle wie Kickstarter nachgedacht?

Dafür bin ich zu stolz. Ich könnte meine Musik mit meinen DJ-Honoraren finanzieren.

Was ist das Geheimnis eines guten DJ-Sets?

Erstens: Spiele nur Hits. Zweitens: Verzichte auf Promoplatten. Nur wer Platten kauft, kann einigermaßen sicher sein, dass sie was taugen. Drittens: Sei als DJ ein leidenschaftlicher Tänzer. Und viertens: Gehe das Risiko ein, die Tanzfläche leer zu spielen.

Als Machtdemonstration?

Auch. Vor allem aber als Zeichen, dass du da oben stehst, um das zu spielen, was du liebst.

Was hältst du von Dubstep?

Ich darf behaupten, dass ich in die allermeisten wichtigen Dubstep-Tracks reingehört habe. Aber in der Regel langweilen sie mich. Es ist nichts anderes als aufgemotzter Jungle. Und den habe ich schon in den Neunzigern rauf und runter gespielt.

Immerhin hat Dubstep selbst Amerika für Dance-Musik begeistern können.

Na und? Die Masse war mir schon immer herzlich egal.

Deee-Lite waren ein klassischer Pop-Act.

Fand ich nie. Einen Hit landest du nur dann, wenn die Plattenfirma viel Geld investiert und du als Künstler deine Seele verkaufst. „Groove Is In The Heart“ war die große Ausnahme. Wir mussten dafür weder einen Cent ausgegeben noch einen Schwanz lutschen. Es war einfach ein gutes Stück, das genau in die Zeit fiel, als in den Clubs alles zusammenfloss: HipHop, Funk, Soul und Disco.

Vor zehn Jahren erfand der Konzern Sega für ein Videospiel eine Figur namens Ulala, die dir sehr ähnelte. Du hast den Konzern verklagt, hast verloren – und wurdest verdonnert, alle Kosten zu übernehmen, die Sega entstanden sind. Die Rede war von 750 000 Dollar.

Ich habe die Summe nie bezahlen müssen. Sie haben mir das Geld erlassen. Dafür darf ich nicht weiter darüber sprechen. Ein Maulkorb-Erlass. Ich bereue, wie der Prozess verlaufen ist. Mein Anwalt wurde von den teuren Anwälten der Gegenseite überrumpelt. Aber ich bereue es keineswegs, geklagt zu haben. Es war eine Frage der Ehre, mich dagegen zu wehren, ungefragt als Teil eines Produkts verkauft zu werden.

Stimmt das Gerücht, du hättest jede Menge unveröffentlichter Deee-Lite-Songs in der Schublade?

Es gibt tatsächlich alte Demos, die ich neu aufgenommen habe.

Werden Deee-Lite je ein Comeback feiern?

Nein. Am Ende von Deee-Lite schwor ich mir: No more drama! Als ich von den anderen beiden die Erlaubnis einholen wollte, die alten Sachen neu zu veröffentlichen, ging das Drama sofort wieder los. Sie stellten so lächerliche Forderungen, dass ich die Sache abblasen musste. Sorry, bei aller Liebe, aber das tue ich mir nicht noch einmal an.