Maloche Mit The Needles


Sie rackern sich seit 1984, in insgesamt über 300 Konzerten im In- und Ausland, die Finger wund, haben ein halbes Dutzend Platten (mit-)produziert, wurden von der angesehenen französischen Tageszeitung Liberation auf dem renommierten Festival „Printemps de Bourges“ als „fantastische Neuentdeckung“ gefeiert – und sind, zumindest außerhalb der Schweiz, nach wie vor ein Buch mit vielen Siegeln, sprich gänzlich unbekannt.

Mitte der 80er Jahre beherrschten die Nachfahren der englischen New Wave-Bewegung auch hierzulande die musikalische Szene. Bis eines lieben Tages eine Welle von Gitarren-Bands in die düstere Post-Wave- und Grufty-Atmosphäre schwappte. THIS IS GUITAR TOWN hieß ein Sampler, der via Vinyl ein ganzes Paket frischen Gitarren-Rocks von West (Genf) nach Ost (St. Gallen) spülte. The Needles, Smog, Le Faster und Maniacs waren die prominentesten Vertreter dieses Genres, das noch heute unter der allzu pauschalen Bezeichnung „Genfer Gitarrenrock“ firmiert.

Die Needles schwammen somit unweigerlich im gleichen Topf. „lm letzten Jahr haben wir erst einmal unsere Band-Bio etwas aufgeforstet“, erzählt der kleine große Mann der „Nadeln“, Daniel Gautier, Leadsänger und Gitarrist der Band.

,Wir wollten uns nämlich nicht ständig in die gleiche Ecke gestellt sehen und haben deshalb Presseclips gesammelt und sie in der Bio zitiert. Die Schubladen reichten von den Beach Boys bis zum Post Punk.“

Ein Beweis mehr für die stilistische Bandbreite dieser aus vier Männern und einer Frau bestehenden Formation. Heutzutage würden ihnen voreilige Kritiker wahrscheinlich sogar das Etikett des Manchester-Rave aufs Revers kleben. Daniel erinnert sich: ,Es klingt im nachhinein sicher protzig, aber 1985 waren wir weit und breit die einzige Band mit einer Farfisa-Warenhausorgel, spielten gradlinige ‚/, Beats mit poppig swingenden Melodien.“

Manchester in Genf? Wenn, dann aber drei Jahre zu früh.

Typisch Schweiz: Reaktionen aus der Industrie, Fehlanzeige, ebenso keine Spur von interessierten A&R-Leuten. Anstatt vor der eigenen Haustüre nach Newcomern zu fahnden, begnügte sich die helvetische Phono-Industrie damit, weiterhin als Durchgangsstation für ausländische Produkte zu fungieren. Die Nadeln aus Genf übersah man geflissentlich.

Der Vorwurf an die Adresse der großen Plattenfirmen wird längst von Acts, die sich über die Grenzen der Schweiz hinaus einen Namen gemacht haben, unterschrieben, sei’s nun von den Young Gods, Yello, Krokus, Eicher oder Double.

Sind Konzert-Moloche in der Provinz, handgestrickte Plattenproduktionen Marke Eigenbau und ein eidgenössisches Management da nicht der falsche Weg, um auch international auf Resonanz zu stoßen?

,Wir glauben fest an den langsamen, aber stetigen Aufstieg. Und zudem treten wir für unser Leben gern live auf“, erklärt Daniel voller Zuversicht.

Auf jeden Fall lassen sich die Needles nicht von großangelegten Marketing-Strategien oder modischen Trends beirren, sondern gehen eisern ihren eigenen Weg getreu der Devise: Immer am Ball bleiben und nie aufgeben. Vielleicht zahlt sich die Taktik schon bald aus. Ihr soeben auf der Indie-Schiene, bei Black Cat, veröffentlichtes Album, WAITING FOR THE NEXT WAVE, ist allemal erste Sahne: Erfrischende Beats, schmissige Melodien, ja selbst Bläser und Streicher kamen zum Einsatz.