Matt Dillon:


Tom Cruise hat den Kassen-Erfolg, Matt Dillon aber die Glaubwürdigkeit. Nach 15 Filmen bereits Kino-Veteran, kommt der 25jährige nun in einer Drogen-Story, die Nancy Reagan wohl nicht gefallen dürfte.

E in Hut auf dem Bett ist für Bob Hughes wie der Teufel an der Wand. Bob ist der Chef einer Junkie-Clique und läßt sich von nichts Angst einjagen. Aber das letzte Mal. als ein Hut auf dem Bett lag, wurden er und seine Freundin kurz darauf von der Polizei geschnappt. Und jetzt liegt wieder ein Hut auf dem Bett. Bob ist beunruhigt. Er erwägt sogar, das fast alltägliche Ritual, den Überfall auf einen Drugstore, zu canceln.

„Drugstore Cowboy“ ist nicht der erste Film, der versucht, Süchtige in ihrer abgefahrenen Welt darzustellen, aber er ist einer der wenigen, der nicht erzieherischen Überlegungen zuliebe ein Stück Authentizität opfert. Der amerikanische Independent-Regisseur Gus van Sant nahm für seinen zweiten Spielfilm den Erlebnisbericht eines Ex-Junkies zur Vorlage. James Fogle. der zur Zeit eine langjährige Haftstrafe im Washingtoner „Walla Walla“‚-Staatsgefängnis absitzt, schrieb das Buch 1976.

Mit viel Liebe zum Detail rekonstruiert der Film das Leben in der amerikanischen Provinz Anfang der 70er. Mode, Musik, Möbel – alles stimmt. Und die vier Gestalten, die durch die Lande ziehen und einen Drugstore nach dem anderen plündern, überzeugen ebenso. Viel wichtiger aber: Sie sind sympathisch.

Nicht Sympathie für Drogenkonsum soll geweckt werden. Junkies werden aber auch nicht zu Buhmännern oder geistig Minderbemittelten gestempelt. Außer Polizisten und Überfallopfern gibt es im Film kaum einen, der nicht fixt oder Pillen einwirft. Und alle, die es tun, stehen dazu, fühlen sich manchmal high, viel öfter allerdings elend.

Daß der Film entstehen konnte, daß die Firma Avenue Pictures vier Millionen Dollar dafür auftreiben konnte, das wäre ohne einen Namen wie Matt Dillon kaum denkbar gewesen. William S. Burroughs in der Rolle eines wegen Drogengeschichten vom Dienst suspendierten, unverbesserlichen Anarcho-Pfarrers, gibt „Drugstore Cowboy“ sowas wie die höheren Junkie-Weihen. Matt Dillon vermittelt den Film dem jungen Publikum. Was Andrew McCarthy in „Unter Null“ und Michael J. Fox in „Bright Lights, Big City“ als Yuppie-Kokser erfolglos versuchten, gelingt Dillon. Ihm nimmt man den leicht unsicheren Typen ab, der gern den starken Mann markiert und die Nadel ansetzt, um zu einem Ausflug aus dem verpissten Alltag zu starten. Auch als ein Mitglied der Clique an einer Überdosis stirbt und der Chef sich dem Entzug übereignet, denkt keiner daran, ins Lager der von Nancy Reagan initiierten Just Say No“-Kampaoie zu wechseln.

Vor sieben Jahren in „The Outsiders“ war Matt Dillon der erste Name auf dem Plakat, weit hinten tauchte Tom Cruise auf. Mit windschlüpfrigen Rollen wie in „Top Gun“ oder „Rain Man“ spielte sich Cruise zum Kassenstar hoch. Dillon dagegen drehte Filme wie „Rumblefish“ oder den bei uns noch unveröffentlichen „Bloodhounds Of Broadway“. Wenn es um stromlinienförmige Karriereentscheidungen geht, dann scheint Dillon ein ähnliches Motto zu verfolgen, wie sein neuester Film: „Just Say Maybe“.