Meat Loaf


Wenn man seinem Manager Glauben schenken darf, hat Meat Loaf in den letzten Jahren stetig Gewicht reduziert. Auf der Bühne aber oder im Interview ist das unerheblich. Vielmehr sieht man einen ebenso freundlichen wie einnehmenden Mann von (wohlwollend geschätzten) 120 Kilo, bei dessen Charisma und körperlicher Konstitution man rasch eine ganz eigene popmusikalische Dimension erahnen kann. „Klar“, grölt der Sänger, der in seiner rund 20jährigen Karriere stets Rock’n’Roll in Übergröße servierte, „habe ich durch mein Auftreten und mein Gewicht einen gewaltigen Vorteil – an mir prallt alles ab: böse Kritik genauso wie irgendwelche kurzlebigen Moden. Meat Loaf bleibt Meat Loaf! Ich bin kein Sänger, sondern eine Institution.“ Diese selbstbewußte Einschätzung der Situation ist wohl der Hauptgrund, daß sein aktuelles Werk ‚Welcome To the Neighbourhood‘ sich nicht die Spur von seinen Vorgängern unterscheidet – vor allem nicht vom immens erfolgreichen Vorgänger ‚Bat Out Of Hell II‘ von 1994, der aus Meat Loaf nach quälend langer kommerzieller Durststrecke endlich wieder einen Superstar machte. Über 12 Millionen Einheiten wurden davon verkauft, mehr als 200 ausverkaufte Konzerte gab der Fleischklops 1994 weltweit. Ob dem toughen Dicken auch mit der aktuellen Tour ein solch Erfolg beschieden sein wird, darf bezweifelt werden – die Zahlen der US-Gigs vom Vorjahr sprechen da eine stark gegenteilige Sprache. Was auch daran liegt, daß die Umsätze des dazugehörigen Albums ‚Welcome To The Neighbourhood‘ bei weitem nicht den hoch gesteckten Erwartungen entsprachen. Was diesmal fehlt, sind die bei Meat Loaf so entscheidende Prise Hyper-Dramatik und der wüste Hang zum Überfluß, die aus dem Charismatiker den Richard Wagner der Pop-Musik machten. Das weiß der clevere Exzentriker auch, und deshalb ist das Repertoire der aktuellen Tournee nur spärlich mit Songs aus dem neuen Oeuvre bestückt. Stattdessen geht es bei Meat Loaf wieder in die Vollen. Aus der Bühne wird ein kitschig-buntes Szenario (mal komische Oper, mal dramatische Götterdämmerung, mal grellstes Schmierentheater), mit Loaf in der Rolle des wahnwitzigen Heldentenors, auf den sich permanent sämtliche Aktivitäten konzentrieren. „Wenn du so willst“, grinst der schwergewichtige Zeremonienmeister süffisant, „ist die ganze Chose eine einzige lange Seifenoper. Aber sicher die bombastischste Seifenoper, die die Welt je gesehen hat.“ Stimmt: Außer von Meat Loafs übermächtiger Präsenz lebt das Geschehen on stage hauptsächlich von opulenten Effekten, die – wie auch Meat Loafs Songs – so oberflächlich wie eindringlich wirken. Lichtkanonaden, Farbenzauber, aufschießende Feuersäulen, goldene Funkenregen ohne Ende: vor keinem Budenzauber wird haltgemacht. Nach gut 100 Minuten Dauerbombardement geht es dem Zuschauer wie dem Protagonisten der Show: Er hat kaum noch Luft zum Atmen. Um dem Spektakel das nötige beeindruckende Ambiente zu verleihen, wurden auch diesmal ausschließlich Hallen mit einer Kapazität zwischen 7.000 und 11.000 Besuchern gebucht. Und daß die wenigstens in Deutschland gut gefüllt sein werden, beweisen die Vorverkaufszahlen. Bereits Wochen vor Tourstart können sich die Veranstalter zufrieden die Hände reiben: „In den meisten Städten“, berichtet deren Pressesprecher, „ist die Halle bereits ausverkauft.“ Was beweist, daß eine opulente Show immer noch opulentes Interesse nach sich zieht.