MEHR TRIP ALS HOP


Techno ist ein alter Hut, Bob Marley ist tot und von Deep Purple, nein, von Deep Purple sollte man besser gar nicht erst reden, wegen der Leichenfledderei und so. Dennoch sind es genau diese drei Enfliisse, die dafür verantwortlich sind, daß die drei Londoner Johnson Somerset, Steve Roberts und Ben Chapman begannen, sich ernsthaft für populäre Musik zu interessieren. Schließlich bekam Johnson bereits als fünfjähriger von seiner Oma Deep Purples ‚Machine Head‘-Album geschenkt, Steve nahm seine ersten Züge besten Marihuanas unter dem Einfluß von Bob Marley-Grooves und Ben wiederum kann sich nicht daran erinnern, daß er außer Techno jemals eine andere Musik in seinem Leben gehört hätte.

Was das alles mit einer Band namens Ramshackle zu tun hat? Nun, Johnson Somerset, Steve Roberts und Ben Chapman, die drei Mittzwanziger mit den so unterschiedlichen musikalischen Anfängen, haben ein Trio gleichen Namens gegründet und soeben ihr erstes gemeinsames Album ‚Depthology‘ eingespielt. Die Musik darauf hat zwar nichts mehr mit den betagten Hardrockern Deep Purple, wenig mit Reggae-König Bob Marley und nur am Rande mit Techno zu tun, aber eines ist gewiß – eine stilistisch derart abwechslungsreiche Scheibe kann wahrscheinlich nur entstehen, wenn sich drei Indivdualisten mit so unterschiedlicher musikalischer Prägung zusammentun.

‚Depthology‘ ist bei erstem oberflächlichem Hören das, was der Szenegänger gemeinhin „Trip-Hop“ nennen würde, aber bei näherer Beschäftigung mit diesem Meisterstück in der modernen Dance-Landschaft fallen einem immer noch wirrere Assoziationen wie „Seal auf Ecstasy“, „Doors fürs nächste Jahrtausend“ oder „HipHop für Valiumsüchtige“ ein. Denn Ramshackle schlagen einen großen Bogen quer über 30 Jahre Musikgeschichte, also über Hippie-Rock, klassischen Soul, Rap, HipHop, Dub-Reggae und extrem drogengeschwängerte, psychedelische Sounds, unter die Ramshackle stets einen zeitgemäßen, fetten Beat legen. Diese Mischung fährt ins Tanzbein, viel öfter aber führt sie mitten ins Hirn. Und deshalb ist „Trip-Hop“ auch der falsche Ausdruck für die erste Platte von Ramshackle – schließlich steckt da bedeutend mehr „Trip“ als „Hop“ drin… (mfg)