New Girls on the Block


Von wegen schwaches Geschlecht: Wenn es in der Rockszene momentan überhaupt gesteigerten Grund zur Freude gibt, dann liegt das auch an starken neuen Frauen. Von Jewel über Meredith Brooks bis Fiona Apple.

IM BOOKLET IHRER DEBÜT- CD „PIECES Of You“ posiert sie als trotzige Badenixe, die mit einem Tapetenmesser fenstergroße Löcher in eine weiße Papierwand schneidet. Damals war Jewel Kilcher noch ein hippiesker Teenager, der am liebsten indianische Halsketten, verwaschene Jeans und legere Tops trug – unbekümmert, unbeschwert und pflegeleicht. Eine junge Folksängerin, die durch Kaffeehäuser, Bars, Universitäten und Buchläden tingelte und stimmungsvolle Songs auf der Wandergitarre vortrug. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute lächelt uns die inzwischen 23jährige Miss Kilcher vom Titel des renommierten „Time“-Magazins entgegen, ist in sämtlichen Lifestyle- und Frauenzeitschriften vertreten und verbirgt ihr mädchenhaftes Wesen hinter einer erwachsenen Fassade. Jewel ist geschminkt, teuer gekleidet, wirkt aber eher kess als sexy – eine junge Frau mit betörendem Blick, die gelernt hat, in der Öffentlichkeit zu stehen, Erwartungshaltungen zu entsprechen und ihr sauberes Image sorgsam zu pflegen. Was ist passiert? „Na hör mal, ich bin drei Jahre älter geworden. Und das wirkt sich halt nicht nur auf meine Musik aus, sondern auch auf meinen Körper“, meint Jewel mit einem Hauch von Überheblichkeit. Daß sie allein in Amerika weit über fünf Millionen Exemplare von „Pieces Of You“ absetzen konnte, ist für sie weniger erstaunlich als für den kritischen Beobachter, der das Besondere an der selbstbewußten jungen Dame auszumachen versucht. Seit geschlagenen drei Jahren ist Jewel jetzt unterwegs, um ihr erstes und bisher einziges Album noch erfolgreicher werden zu lassen, als es ohnehin schon ist. Für dieses Unterfangen hat sie einflußreiche Verbündete gefunden: Bob Dylan oder Neil Young zum Beispiel, bei denen Jewel im Vorprogramm auftreten durfte. Oder auch Hollywood-Rebell Sean Penn, der das Video zu ihrer Hit-Single „Who Will Save Your Soul“ produzierte. Dennoch:“Den Erfolg verdanke ich lediglich meinen Fans“, glaubt die Kalifornierin, „großartige Promotion habe ich nie gebraucht und nie bekommen.“

An dieser Aussage ist mehr richtig, als man auf Anhieb vermuten könnte. Denn im Grunde hat Jewels Erfolg etwas Märchenhaftes. Im schnellebigen Zeitalter von Multimedia, Techno, Ambient und Crossover schwimmt die Kalifornierin gegen den Strom, verehrt Cole Porter und Elia Fitzgerald und spielt gefühlvollen Folkpop, dessen volles Charisma sich erst nach mehrmaligem Hören erschließt.

Dennoch: Die einzige Chance, ihre Musik auf breiter Ebene zum Erfolg zu führen, bestand für Jewel darin, unablässig zu touren. Und zwar so lange, bis die Leute in immer größere Hallen strömten. Zuletzt nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland, wo das Album langsam aber sicher die Charts emporkletterte – fast vier Jahre nach Erscheinen.“Die Leute waren damals einfach noch nicht so weit“, meint Jewel. „Erst Alanis Morissette hat den Markt für das erobert, was jetzt passiert. Frauen werden endlich wieder als ernsthafte Musikerinnen akzeptiert und nicht nur als Sex-Püppchen.“

Letzteres wäre im Fall von Jewel auch nahezu unmöglich. Nicht, daß die einsachtundfünfzig kleine Blondine keine männlichen Fantasien anregen könnte, aber auf der Bühne tritt ihr Äußeres doch stets hinter der charismatischen Musiker zurück. Zudem ist sie eine wortgewaltige junge Dame, die kein Blatt vor den Mund nimmt – weder in Interviews noch in ihren Songs. Sie ist schlagfertig, kokett, ein wenig divenhaft gar. Aufgewachsen ist Jewel in dem winzigen Provinznest Homer, irgendwo im Nirgendwo von Alaska -ohne Fernseher, Radio oder Elektrizität. Als Kind tingelte sie mit ihren Eltern, dem Folksänger Atz Kilcher und seiner Lebensgefährtin Nedra Carroll, durch die Lande, lernte jodeln, studierte an der Fine Arts Academy in Michigan und gefiel sich in der Rolle der romantischen Totalverweigerin. Sie lebte in einem VW-Bus am Strand von San Diego, surfte den lieben langen Tag und bestritt ihren Lebensunterhalt als Kellnerin oder mit gelegentlichen Auftritten in winzigen Cafes. Heute hat Jewel ein eigenes Haus, eine vierköpfige Band, ein Pferd, einen Rocker-Freund und mehr Geld, als sie wahrscheinlich jemals benötigen wird. Dabei verkauft sie letztlich nur ihr Innenleben – als perfektes Produkt, das den Bedürfnissen des Publikums Rechnung trägt. „Die Leute sind geradezu gierig nach Gefühlen. Sie wollen Ehrlichkeit und aufrichtige Gefühle.

Und die liefert ihnen Jewel Kilcher wohl noch eine ganze Weile: „Ich habe derzeit etwa 200 Songs auf Lager. Worüber sollte ich mir also Sorgen machen?“

Stellt man Jewel die 19jährige Fiona Apple aus New York gegenüber, wird deutlich, wie groß die Gegensätze innerhalb der neuen Frauenszene sind: zwei Musikerinnen wie Licht und Schatten. Während Jewel eher unbekümmert auf der Erfolgswelle schwimmt, wirkt die filigrane Fiona wie eine Elfe aus dem Schattenreich – ernst und in sich gekehrt. Seit ihrem achten Lebensjahr spielt sie Klavier, schwankt zwischen Popjazz und Grunge und singt mit samtener Stimme, jedoch nicht ohne Trotz, den Großstadtblues. „Das Leben ist ein einziges Aufbrausen und Abebben“, meint die junge Songschreiberin.die vor allem sich und ihre bisherigen Lebenserfahrungen thematisiert. Musik ersetzt ihr das Tagebuch. Manchem Medienmann hat Fiona Apple bereits den gehörig den Kopf. Schon ist die Rede von einer neuen Tori Arnos, wenn das Gespräch auf Fiona fällt. Eine Tatsache, die der Künstlerin kaum plausibel erscheint: „Kunst ist der Ausdruck eines bestimmten Künstlers, Musik hingegen die Reflektion eines Individuums. Was also willst du vergleichen?“

Kein Zweifel: Fiona,Tochter einer ehemaligen Opernsängerin und eines Schauspielers, ist nicht auf den hübschen Kopf gefallen. Derzeit bastelt sie an neuen Songs, die im Frühjahr 1998 erscheinen sollen. Selbiges gilt für den jüngsten Kritikerliebling unter den musizierenden Damen,für Ani DiFranco. Das Energiebündel aus Buffalo/Upstate New York, das mit verquerem Folkrock und ständig wechselnden Frisuren auf sich aufmerksam machte, scheint den Annie Lennox-Song „Sisters Are Doing It For Themselves“zu ihrer Devise erkoren zu haben. Sie bucht Konzerte, produziert Alben, gestaltet CD-Cover, dreht Videos und leitet ihr eigenes Label („Righteous Babe Records Inc.“). Bislang hat Ani es auf acht Studio-Alben, diverse Singles und ein Remix-Album mit dem Titel „More Joy, Less Shame“ gebracht. Trotzdem steht sie dem Business reserviert gegenüber: „Unbekannte Musiker werden praktisch zur Prostitution gezwungen, bis sie so viel Macht und Einfluß haben, daß sie Verträge nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten können. Darauf habe ich mich nie eingelassen.“

Trotz wachsender Popularität schlägt Indie-Ani Angebote großer Plattenfirmen kategorisch aus-und fährt damit ausgesprochen gut. Zwar ist die 27jährige in Europa noch weitgehend unbekannt, doch zumindest in Amerika leuchtet ihr Stern schon hell. Und das, obwohl die zierliche Sängerin mit den markanten Tätowierungen an Oberkörper, Nacken und Händen im Booklet zu ihrer aktuellen Live-CD über alles und jeden im Musikbusiness loswettert – über Rundfunksender und Vertriebsfirmen, über Promoter, Plattenläden und Printmedien. Muß sie auch, denn Ani versteht sich als Kämpferin für alternative Modelle in allen Lebenbereichen.

Musikalisch zählt Ani DiFranco zu den eher puristisch eingestellten Songschreiberinnen. Nicht umsonst nannte sie das US-Magazin „Spin“ unlängst „Folk’s Great White Hope“. Mit Gitarre, Bass und Schlagzeug folgt DiFranco dem traditionellen Ansatz der Singer/Songwriter: Naturinstrumente ja, Hightech nein. Bis vor einiger Zeit stand Ani im Ruf, eine Hardcore-Feministin und Stütze der Lesben-Bewegung zu sein – ehe sie sich in ihren Mixer Andrew Gilchrist verliebte. Ein Umstand, der von manchen als Hochverrat an der Sache der Frauen aufgefaßt, von der breiten Masse jedoch als Grund zur Erleichterung angesehen wurde. Das Album „Delate“, das DiFranco ganz ihrer neuen, heterosexuellen Liebe widmete, war für die ambitionierte Musikerin in kommerzieller Hinsicht denn auch der große Durchbruch. Sätze wie dieser fallen Ani da offensichtlich leicht: „Ich hasse es, wenn mich andere Leute für ihre Sache einspannen und mich auf diese Weise zu einer Cartoon-Figur machen. Mein ganzes Leben war ich diese wütende, Männer hassende Hexe. Aber damit ist jetzt endgültig Schluß!“

Unter Feminismus-Verdacht stehen zwei weitere Shootingstars ganz sicher nicht: Paul Cole und Meredith Brooks, deren „Bitch“ sogleich zur Hymne des neuen weiblichen Selbstbewußtseins avancierte. Dabei haben sowohl Cole, die jahrelang als Backing-Sängerin (u.a. für Sarah McLachlan und Peter Gabriel) durch die Lande zog, als auch Brooks, die vor ihrer Solokarriere bei den Graces um Ex-Go-Co Charlotte Caffey spielte, lange um ihre Anerkennung kämpfen müssen. Heute aber bilden Cole und Brooks gleichsam die Spitze des Eisberges. Dabei gibt es noch vieles zu entdecken, was nicht schlechter ist als „This Fire“ (Cole) oder“Blurring The Edges“(Brooks). Dazu gehören zum Beispiel die Songs von Abra Moore (28) aus Austin/Texas. An ihr ist das Wohlwollen der Medien bislang weitgehend vorbeigegangen ist. Vielleicht ja auch, weil die langhaarige Schöne mit dem mädchenhaften Erscheinungsbild von ihrem Label als zwei^^ te Liz Phair oder Ani DiFranco vermarktet wird. Ein krasser Fehler. Denn wer braucht schon die Kopie eines verfügbaren Originals? Zudem verfügt Miss Moore über genügend eigene Qualitäten. So ist „Strängest Places“, ihre zweite CD, ein hinreißendes Popalbum, das mit klassischen Rockzitaten ebenso aufwartet wie mit geschickt plazierten Breakbeats. Keine Frage also: Auch Abra hätte längst einen Platz ganz oben auf dem Podest der Erfolgsfrauen verdient. ¿

Apropos Frauen: Für Furore sorgte in diesem Jahr auch ein amerikanischer Wanderzirkus. Unter dem Titel „Lilith Fair“ bildete er nicht nur den weiblichen Counterpart zu Perry Farrells „Lollapalooza“-Spektakel, sondern stellte Farrells Veranstaltungsreihe und auch andere etablierte US-Festivals wie „H.O.R.D.E.“ (Neil Young), „Skull“ (Iggy Pop) oder „Warped“ (Mighty Mighty Bosstones) vom Erfolg her locker in den Schatten. „Lilith Fair hatte ein absolutes Killerprogramm zu bieten, bei dem wirklich alles gestimmt hat. Ich für meinen Teil hatte jedenfalls noch nie so viel Spaß. Und das lag nicht zuletzt an einem Publikum, das sehr erwachsen und aufgeschlossen war“, schwärmt denn auch Jewel, neben Sarah McLachlan die eigentliche Attraktion der femininen Festivität. Ein Event übrigens, das sich als klare Absage an jene Rockveranstaltungen versteht, bei denen wenig männliche Herren nur allzu gern den Macho markieren.

Wo sonst betrunkene Hardrocker, kranke Kiffer oder rücksichtslose Stagediver vielen den Spaß vergällen, da regierte auf „Lilith Fair“ feminine Friedfertigkeit. Nicht zu vergessen der künstlerische Anspruch: „Wir wollen den Weg für eine ganze Generationen von weiblichen Musikern ebnen und jungen Frauen neue Ziele und Inhalte vermitteln“, erklärt Sarah McLachlan das Konzept des Frauenfestivals und fährt fort: „Als ich aufgewachsen bin, gab es keine Vorbilder, an denen ich mich hätte orientieren können. Dieses Festival ist ein großartiges Beispiel für starke Frauen, die etwas tun, was sie aufrichtig lieben.“ Was in der Planungsphase von „Lilith Fair“ noch nach idealistischer Traumvorstellung klang, wurde 1997 erstmals Realität: eine zweimonatige Tournee von und mit 61 Frauen. Darunter Cassandra Wilson, Shawn Colvin, Mary Chapin Carpenter, die Indigo Girls,Tracy Chapman, Fiona Apple und Paula Cole- unterschiedliche Musikerinnen mit ebensolchen Ausdrucksformen. „Es ist nicht wichtig, was du tust und wie du es tust, sondern einzig und allein, warum du es tust“, meint die Jazzsängerin Cassandra Wilson und freut sich ebenfalls über den Erfolg des Frauenfestivals.

„Lilith Fair“ versteht sich als Hort der Hoffnung und der differenzierten Töne. Daß Konzepte dieser Art durchaus erfolgreich sein können, beweist die Zuschauerzahl des musizierenden Wanderzirkus‘: Insgesamt machte das Programm von „Lilith Fair“ 500.000 Amerikanern Lust auf einen Besuch.

Der in seiner Breite überraschende Erfolg der singenden US-Damen im allgemeinen und des „Lilith Fair“-Festivals im besonderen begünstigt nicht zuletzt längst überfällige Veränderungen in der amerikanischen Radiolandschaft. Wurden bei der Zusammenstellung des Musikprogramms in der Vergangenheit höchstens Ouotenfrauen wie etwa Tori Arnos berücksichtigt, so ist in letzter Zeit eine neues Radioformat entstanden, das sich „Modern Adult Contemporary“ oder kurz ÄC‘ nennt. Den Schwerpunkt setzt dieses Format auf folk-orientierte Acts aus der Alternativ-Szene. Jahrelang gab es ein ungeschriebenes Gesetz unter Programmdirektoren von Rocksendern, bloß nicht zu viele Frauen zu spielen“, gibt Bob Waugh vom Sender WHFS in Washington DC unumwunden zu,,“und jetzt gibt es plötzlich so viele junge Musikerinnen und Acts mit prominenten Frontfrauen, daß sich die Relationen total verschoben haben.“

Zu dem von Waugh genannten Personenkreis gehört auch Sarah McLachlan. Und das, obwohl die 29jährige Kanadierin schon seit zehn Jahren Musik macht. Zunächst gab Sarah mit verklärten Texten, schwelgerischen Kompositionen und schulterlangem, kastanienbraunen Haar das mystische Mauerblümchen. Viel zu unauffällig, um außerhalb ihrer eigenen kleinen Welt wahrgenommen zu werden. Dann schärfte sie, textlich wie musikalisch, ihr Profil. Und plötzlich wurde aus dem unscheinbaren Twen die Mutter des alternativen Aufbruchs. Nach dem Achtungserfolg des Albums „Fumbling Towards Ecstasy“ (1994) entwickelt sich der Nachfolger „Surfacing“ zum internationalen Bestseller. Der Titel der Platte ist dabei gleichzeitig Programm: Miss McLachlan ist buchstäblich an der Oberfläche erschienen.Wobei es auch für Sarah ein weiter Weg dorthin war: „Ich habe lange gebraucht, um das nötige Selbstvertrauen zu entwickeln und mich nicht mehr verstecken zu wollen.“ Trotzdem: Durch den hymnischen Song „Building A Mystery“ und einen stimmungsvollen Videoclip steht die einst so scheue Sarah heute mitten im Rampenlicht. Und das, obwohl sie im Grunde auch jetzt noch mit vergleichsweise verhaltenen Tönen, mit anmutigem Gesang und fragilen Songstrukturen aufwartet. Sarahs Stärke, so scheint’s, ist und bleibt nun mal das zeitlos schöne Lied. Rebellion? Feminismus? Radikalität? Fehlanzeige auf der ganze Linie! Wer die musikalische Randale sucht, wird im Umfeld von Sarah McLachlan mit Sicherheit mc/it fündig. Und das aus gutem Grund. Denn wer – wie Bikini Kill, Team Dresch, L7 oder die Babes In Toyland – auch heute noch an der längst überholten RiotGirl-Masche strickt, hat kaum noch Aussicht auf nennenswerten Erfolg. Eine Tatsache, welche die Riot Girl-Ziehmutter Courtney Love übrigens schon vor geraumer Zeit erkannte. Nicht ohne Grund begab sich die Witwe Cobain vor Jahresfrist nach Hollywood, um dort als ernst zu nehmende Schauspielerin zu reüssieren. Denn nur mittendrin und nicht in der Nische läßt sich umsetzen, was Frau Love immer noch am liebsten macht:“lch zeige den Frauen, wie elegant es ist, chaotisch zu sein.“

Mit dieser Einschätzung liegt Frau Love nur noch bedingt richtig. Denn heute hat die Szene etliche neue Heldinnen. Lydia Lunch zum Beispiel und Kim Deal.Juliana Hatfield, Victoria Williams und Kirstin Hersh, Kim Gordon, Liz Phair und Shawn Colvin, Sheryl Crow, Melissa Etheridge und Tanya Donelly. Die Liste ist lang und ließe sich problemlos fortsetzen. Was nicht zuletzt weiblichen Pionieren wie Patti Smith zu verdanken ist, die für vieles, was im femininen Rock folgen sollte, in den siebziger Jahre die Basis schuf. Inzwischen ist auch Tanya Donelly schon etliche Jahre im Geschäft. Sie meint: „Wir haben eine ganze Generation von jungen Frauen beeinflußt. Ich zum Beispiel habe schon Briefe bekommen, in denen es hieß:’lch habe mir heute eine Gitarre gekauft – und das nur wegen Dir.“

Nicht nur im Bereich der Singer/Songwriter und auf dem alternativen Areal sind die Damen auf dem Vormarsch. Auch im Rap, der Spielwiese von Homies, Pimps und Gangstas, wird die weibliche Komponente immer stärker. Hier wehren sich mehr und mehr selbstbewußte Frauen dagegen, für die peinliche Selbstdarstellung von konsumkranken Kleinkrimineller die Staffage abzugeben. Vor diesem Hintergrund gerät die primitive Angeberei mit Autos, Knarren, Villen und Brillanten endgültig zur Farce. Wegbereiter für die frechen aber im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen geradezu wohltuenden Rapperinnen von heute waren Acts wie Salt N’Pepa.TLC und Queen Latifah. In deren Fußstapfen tritt zum Beispiel Missy Elliott aus Portsmouth/Virginia, die mit ihrem Debüt „Supa Dupa Fly“auf Anhieb Platz 3 der Billboard-Charts belegte. Zuvor agierte Elliott bereits erfolgreich hinter den Kulissen. Als ehemalige Chefin des Quartetts Sista war sie jahrelang eine der gefragtesten Songschreiberinnen und Produzentinnen der Ostküste. In diesen Funktionen betreute Elliott Acts wie MC Lyte, Adina Howard, Jodeci, Aaliyah und Ginuwine. Mittlerweile unterhält Miss Missy eine eigene Produktionsfirma („The Gold Mind Inc.“), schreibt sämtliche Stücke im Alleingang und schart die gesamte weibliche Posse um sich-von Yoyo über Da Brat bis hin zu Lil’Kim. Auch dieses Beispiel zeigt: das vermeintlich schwache Geschlecht ist stark im Kommen – langsam, aber gewaltig und vor allem auf breiter Front. Courtney Love, zurückhaltend wie immer, philosophiert sogar schon über das Ende der Männerdomäne im Showbusiness. Fragt sich bloß, was daran schon so schrecklich wäre…