Nicht mal Noel nölt


Sogar der selbstverliebte Songwriter von Oasis findet Ocean Colour Scene ganz prima.

Mit dem Zeigefinger der rechten Hand in der Nase popelnd, sitzt Steve Craddock im Grand Hotel über den Dächern von Oslo und läßt den Blick in die Ferne schweifen. Kollege Simon Fowler lächelt. Er kennt die Marotten seines Gitarristen. Es ist zwei Uhr nachmittags, und das Kreativ-Duo von Ocean Colour Scene sitzt in Norwegen, um für einen ihrer größten Fans das Vorprogramm zu bestreiten: Noel Gallagher von Oasis. Der Termin kommt Ocean Colour Scene gelegen, denn in diesen Tagen kommt „Marchin’Already“, ihr neues Album, auf den Markt. Und bevor Craddock, Fowler und Co. in ihrer englischen Heimat live abräumen, nutzen sie Norwegen, um sich vor dem Auftritt von Oasis in aller Ruhe warmzuspielen. Doch diese Überlegungen treten in den Hintergrund, als sich Simon darüber beschwert, daß man in Norwegen kein Marihuana bekommen könne. „Wir sind irgendwo im Norden mal an einem Feld voll von dem guten Zeug vorbeigekommen, doch der Besitzer wollte nichts verkaufen. Da haben wir dann den Rückwärtsgang eingelegt und sind aus seinem Blickfeld gefahren“, grinst Simon – und läßt keinen Zweifel über den Ausgang der Geschichte aufkommen.

Doch zurück zur Musik. Seit sie von ihrer ’95er CD „Moseley Shoals“ in England anderthalb Millionen Exemplare verkauft haben, zählen Ocean Colour Scene zu den ganz Großen im Vereinigten Königreich – eine Tatsache, welche die Band durchaus zu schätzen weiß. „Erfolg macht vieles einfacher“, meint Steve inzwischen,“aber ohne ihn haben wir auch überlebt. Also genießen wir nun einfach seine Vorzüge.“

Daß Ocean Colour Scene einen Hang zum Sound der Sechziger haben und alte Helden wie die Small Faces oder Traffic verehren, hört man auch „Marchin‘ Already“ an. Doch fügen Fowler, Craddock und Kumpane genau jenes Quentchen Einzigartigkeit hinzu, das ihnen letztlich zu Eigenständigkeit und Erfolg verhilft. Wie meint O.C.S.-Fan Paul Weller: „Das ist brillanter, englischer Rhythm’n’Blues der 90er“.