Paul McCartney


Nach 13jähriger Konzert-Pause schlottern selbst einem Paul McCartney die Knie, wenn er wieder auf die Bretter muß. Deshalb tankte er wohl am Nachmittag vor dem Auftritt seiner Deutschland-Tour in Hamburg auf dem Kiez noch einmal alte Erinnerungen und zwar genau dort, wo er sich mit den Beatles vor fast 30 Jahren zehn Stunden pro Nacht die Finger wundgespielt hatte: im Kaiserkeller an der Großen Freiheit. Die Journaille durfte bei dem Nostalgie-Trip freilich nicht fehlen und bekam denn auch einen schönen Seufzer zu hören. „Ich muß schon sagen, es ist großartig, wieder hier zu sein. “ Das gleiche erzählte er am Abend auch den 8000 Hamburgern in der restlos ausverkauften Alsterdorfer Sporthalle.

Doch bevor ihn die Teenies in den ersten Reihen und die Mittvierziger auf den Rängen zu sehen bekamen, wurde erstmal der rote Samtvorhang hinter der Bühne hochgezogen (Kreischen), während die ersten Akkorde von „A Hard Day’s Night“ aus den Boxen dröhnten (noch lauteres Kreischen). Verfrühte Hysterie, denn Paule flimmerte mit den Beatles nur über eine Leinwand im Hintergrund. In einer elfminütigen Film-Collage hatte Regisseur Richard Lester die Highlights aus McCartneys Karriere gewissermaßen historisch aufgearbeitet.

Doch dann lassen die Lettern „NOW“ den Lärmpegel gewaltig anschwellen, und jetzt kommt er, grinst verschmitzt und saugt‘ die Ovationen auf. „Guten Abend Hamburch“ — und ab geht die Post mit einem wuchtigen „Figure Of Eight“, bei dem er aber, zumindest in den höheren Stimmlagen, arg in die Bredouille kommt. Auch bei „Jet“ und „Rough Ride“ hebt er noch nicht richtig ab, erst bei „Got To Get You Into My Life“ läuft es wie geschmiert. Seine exzellente Band mit dem Gitarristen Robbie Mclntosh (Ex-Pretenders) und Hamish Stuart (Ex-Average White Band), Paul Wickens an den Keyboards, Chris Whitten hinter der Schießbude und, nicht zu vergessen, Ehefrau Linda an den „zweiten Keyboards“ (O-Ton Paul) spielt druckvoll und genau auf den Punkt.

Auch der 47jährige Liverpooler kennt kein Halten mehr. Er schafft sich an Piano, Gitarre und am guten alten Hofner-Baß („I bought this one in Hamburg, it’s true“) wie ein junger Wilder, rockt, röhrt und rotzt drauflos, daß bei vielen die Freudentränen kullern. Bei der Zugabe steht er dann endlich so da, wie sie ihn alle haben wollten: allein mit seiner Gitarre im Scheinwerferlicht. Ja, ja, „Yesterday, all my troubles seemed so far away“ — und ein kollektives Schluchzen geht durch die Halle. Seine Balladen gehen auch nach 20 Jahren unter die Haut, haben nichts von ihrem zeitlosen Glanz verloren.

Da hat sich kein abgetakelter Pop-Veteran zurückgemeldet, sondern eine bis in die Zehenspitzen motivierte Legende, die noch kein bißchen Staub angesetzt hat. Pauls Magical Mystery Tour —- ein Live Erlebnis besonderer Art.