Razorlight


Johnny Borrell hat Drogen, die Libertines und die englische Premier League hinter sich gelassen, um sein eigenes Ding durchzuziehen

Kurz bevor Johnny Borrell in London mit Razorlight eines der gehaltvollsten, eines der wütendsten, ambitioniertesten und romantischsten Debüts des Jahres aufnahm, hatte er seinen Traumjob gefunden. „Ich war Stewart in den Katakomben des Stamford-Bridge-Stadions. Ich hab die Spieler des Chelsea FC zu ihren Autos eskortiert und konnte alle Spiele umsonst sehen“, sagt er mit einem stolzen Lächeln, ohne aber den Blick von der Tischplatte zu heben. Am Ende eines langen Tages in einem Münchner Design-Hotel, den er mit Interviews und Fotosessions verbracht hat, legt er seine riesige schwarze Phil-Spector-Sonnenbrille ab, um bei einer Menthol-Zigarette über den langen und beschwerlichen Weg nachzudenken, der ihn zunächst zu dem Londoner Fußballclub und schließlich nach Glastonbury und auf Platz 3 der englischen Charts geführt hat. „Ich hab mit 16 das erste Mal Heroin gedrückt. Mit 19 aber war ich wieder clean“, erzählt er zögerlich: „Junkie zu sein, ist eine Entscheidung. „Eine Entscheidung, die Johnnys einstigen Freund Pete Doherty ins Unglück gestürzt hat. Auch wenn Johnny heute sagt, dass Petes größtes Problem „die Abhängigkeit von Aufmerksamkeit“ ist: „Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er zwei Leute gebraucht, die ihm den Arsch küssen, um überhaupt ein Zimmer durchqueren zu können. „Es muss dennoch hart für ihn gewesen sein, den Zerfall Dohertys mitzuerleben. Lange vor dem Durchbruch der Libertines war Borrell für ein paar Tage und ein paar Demos deren Bassist, doch ging er schon bald seine eigenen Wege. „Ich wäre ein wesentlich glücklicherer Mensch, wenn man mich nicht dauernd nach den libertines fragen würde“, sagt er heute ohne Ironie, denn diese kurze Episode seiner musikalischen Vergangenheit droht noch immer, seinen Erfolg mit Razorlight zu überschatten. Er hat für Pete den Song „Dalston“ geschrieben, in dem er immer wieder singt, „Don’t Go Back To Dalston“ (ein Umschlagort für harte Drogen), damit aber hören die Referenzen auf. UP ALL NiGHT ist ein markantes, kraftvolles Debüt, das auf seinen eigenen Beinen steht. Es ist, Song für Song, Spiegel einer ehrgeizigen, willensstarken Seele. So klar war die Vision von Johnny, dass er den renommierten Produzenten Steve Lillywhite nach kürzester Zeit durch den relativ unbekannten Jack Cornfield ersetzte. „Es wurde [mit Steve] einfach nicht so gut, wie es hätte werden können „, sagt er schulterzuckend. Eine breite Brust hat im Rock’n’Roll noch nie geschadet.