Alex Chilton – Like Flies On Sherbert

Dieses Album ist eine Oase. Inmitten all der technikbetonten, ausgefeilten, überproduzierten Welt der Schallplatte von heute. Eine zerstörende, leidenschaftliche Oase.

Dieses Werk hat die (zunächst) schwer zu erfassende Qualität absoluter künstlerischer Integrität. Du merkst: Alex Chilton ist überzeugt von seiner Arbeit, er spielt, weil er Lust dazu hat. Er ignoriert die Spielregeln, den Trend, die Mode, das Business. Den Markt. Alex Chilton spielt (Gitarre) und singt, als war um ihn herum nie etwas passiert (wasden Musik-Markt betrifft). Du hast das Gefühl, da hat jemand Lust+Drang gehabt, Musik zu machen (Musik als Kommunikation). Und zufällig hat jemand mitgeschnitten.

Chilton lebt in Memphis/Tennessee, wo auch ein Teil der Aufnahmen stattfand (in den legendären Sam Phillips Studios). Er war Mitglied der Box Tops, spielte bei den Big Star und produzierte die Cramps. Seine Wanderlust führte ihn ’78 auch nach Bangkok, eine bestechende Solo-Single mit dem girl-after-girl-TribuX an Madame Nhu/Brigitte Bardot/Jackie O., und mit der wühlenden Version des Seeds-Stücks „Can’t Seem To Make You Mine“ als B-Seite (auf Fun Recs./Lust-Unlust Music). LIKE FLIES ON SHERBERT ist sein erstes Solo-Album. Es fängt nirgendwo an – und endet dort, wo es begann. Alex summt, leiert daher, spielt eine zerreißende/psychedelische Gitarre. Zu eigenen Songs: „My Rival“, „Hey, Little Child“ („Plaid skirt, flannel vest… silly nubiles are the best“), „Rock Hard“ oder dem Titelstück („What does it matter – it’s so fine, fine, fine“).

Zu Cover-Versionen: „IVe Had It“ (Roy Orbison), „Boogie Shoes“ (KC + Sunshine Band). Mit dabei sind andere Musiker, z.B. der Memphis-Keyboad-Mann Jim Dickinson. Manchmal hast du den Eindruck, daß Chilton zu ablaufenden Tapes seinen Kopf leert. Die Produktion ist dumpf/rauh/rockabilly-like. Als hätte jemand die falschen Regler bedient (wenn man vom Standpunkt des Technikers aus urteilt – aber wer will dessen Meinung hören, eh?). Nur ein anderes Werk hat mir bisher einen so tiefen Eindruck von Persönlichkeit gegeben; war so extrem überzeugend: die Solo-LP von Alex „Skip“ Spence, OAR (Drummer der Moby Grape). Und vielleicht noch die Arbeiten des unvergeßlichen Syd Barrett. Alex Chilton ist einmalig.