Balkan Beat Box

Blue Eyed Black Boy Crammed Discl Indigo

3,5 Weltmusikdancefloorhiphopchartspop- mischmasch.

Wäre die Postmoderne nicht schon wieder vorbei, für Balkan Beat Box müsste man sie glatt noch mal erfinden. BLUE EYED BLACK BOY ist der bereits dritte Raubzug der israelischen New Yorker durchs aktuelle Popgeschehen, aber so hemmungslos wurde bislang noch nicht geplündert. Dieser Hybrid verleibt sich alles ein, ob osteuropäische Folklore, arabische Harmonien oder afrikanische Chorgesänge, Hip-Hop- oder Dancehall-Beats, Reggae-Toasting und Rap, Northern-Soul-Bläser und Wandergitarren, natürlich Musik der Sinti und Roma und Klezmer. Allerdings: Balkan Beat Box erforschen nicht die Nahtstellen zwischen den vielen Stilen, sie rennen einen eingängigen Refrain grölend an ihnen entlang. Und während alle mitsingen, schieben sie hinterfotzig ihre Botschaften unter: Dass Krieg doof ist, die Liebe alle Grenzen überwinden kann und wir uns doch alle miteinander vertragen könnten, mit der Musik funktioniert das doch schon ganz prima. Tatsächlich tobt der Kampf der Kulturen hier so intensiv, dass sich am Ende alle erschöpft vom Feiern in den Armen liegen. Und das ist das einzige Problem an BLi’E EYED BLACK BOY: Selbst Lebensfreude kann, wenn überdosiert, ganz schön anstrengend werden.

Thomas Winkler www.balkanbeatbox.com Bonnie „Prince“ Billy And The Cairo Gang The Wonder Show Of The World Domino/Indigo 3,5 Folk: Ein neues Album von Will Oldham? Selbstverständlich auf allerhöchstem Niveau. Die Produktivität – positiv ausgedrückt -Will Oldhams beschränkt sich nicht nur darauf, im Jahresabstand ein neues Album für den Indie-Massenmarkt herauszubringen – vor genau zwölf Monaten ist das hervorragende BEWARE erschienen. Dazwischen gibt es immer wieder Vinyl-only-Veröffentlichungen: 7-, 10- und 12-Inches und LPs in Kleinstauf-lagen, die nie die Ohren des durchschnittlich informierten Hörers erreichen werden. Das Problem dabei: wenn der überdurchschnittlich informierte Hörer sich gerade mit dem letzten Album arrangiert hat, liegt schon das nächste auf dem Plattenteller. Die Zusammenarbeit von Oldham mit The Cairo Gang (sein zeitweiliger Weggefährte Emmett Kelly) ist wieder einmal der Reduktion geschuldet. Die meisten Lieder auf THE WONDER SHOW 0F THE WORLD schweben vor lauter Luftigkeit einen halben Meter über dem Boden, ohne dabei Adjektive wie „ätherisch“ auf sich zu ziehen. Die Arrangements sind karg und brüchig, werden aber von Oldhams nach vorne gemischter Stimme zusammengehalten. Dass dabei der eine oder andere Klassiker für den Oldham-Kanon herausspringt, ist eine Selbstverständlichkeit auf allerhöchstem Niveau. „Teach Me To Bear You“ etwa, das aus Folk-Minimalismus einen Country-Blues entwickelt und ultraverdichtet alles enthält, was Oldham ausmacht. Trotzdem: Die Zeit ist nicht reif für ein neues Album von Bonnie „Prince“ Billy.

Albert Koch www. mxspace.com/bonnieprincebiUy