Band Of Horses – Cease To Begin

Vorab: Band Of Horses sind in keiner Weise mit den Nintendocore-Rockern (mehr dazu im nächsten Sat2) Horse The Band zu verwechseln: Erstere fabrizieren hochemotionalen, countryfizierten Indiepop und rinden sich in diesem Monat dank ihres neuen Albums Cease To Begin zu Recht auf dieser Seite wieder. Letztere brüllen über einen Clash aus Gameboysounds und Schnitzelklopfergitarren und beenden mit dieser Erwähnung – vorerst – ihre Existenz auf dieser Seite. Die Gruppe, die im Folgenden abgefeiert wird, ist für die Aufnahmen zu ihrem neuen Album aus ihrem Exil Seattle in ihre alte Heimat South Carolina zurückgekehrt und gleich mal konsequenterweise angetreten, sich den Titel als „most South Carolinian band ever“ zu sichern – ein denkbar einfaches Ziel, wenn man sich gewahr ist, dass der wohl populärste musikalische Export aus diesem Bundesstaat der südöstlichen USA die unsäglichen Hootie & The Blowfish sind. Ihrer Liebe zu diesem Fünfzigste! der letzten Supermacht verleihen Band Of Horses auf ihrem Zweitwerk umfassenden Ausdruck -nicht nur musikalisch, sondern auch grafisch: Bei genauem Hinsehen entpuppt sich das scheinbar übersichtliche Kitsch-Cover schnell als Referenz auf die Flagge South Carolinas: weißer Mond und ebenso gefärbte Palme auf blauem Grund. Warum aber eigentlich South Carolina?

„Das ist einfach ein schöner Ort zum Aufwachen jeden Morgen“, entwaffnet Schlagzeuger Creighton Barrett all die vorurteilsbeladenen Antiamerikanismus-Pauschalisten. Wenn regionale Beeinflussung schließlich ein ganz und gar wundersames Album wie dieses Wer ermöglicht, dann ist die Inspirationsquelle für den unter Umständen größten Refrain des Jahres (im sagenhaften, alles und jeden einvernehmenden Opener „Is There A Ghost“) alleine schon einen Abstecher in dieses von der Popkultur weitgehend vergessene Terrain wert. Und schon wurde das mit etwas Abstand herausragendste Stück dieses bis ins Detail perfekt vertonten Herbstes genamedroppt. „Is There A Ghost“ beruhigt all diejenigen, die befürchteten, die bis unter die Schädeldecke tätowierten Langbärte könnten auf die Hymnen ihres Erstlings Everything All The Time, „The Funeral“ und „The Great Salt Lake“, nichts mehr draufsetzen – sie können! Oho, und wie sie können und was sie können: mit „Cigarettes, Wedding Bands“ zum Beispiel Gitarrenwände hochziehen, die live nur mit Integralhelm zu überleben sein dürften, mit „No One’s Gonna Love You“ eine unfassbar unpeirüiche Rockballade abliefern und statt Standing-On-The-Shoulders-Of-Giants-Referenzen wie „Clint Eastwood“ oder „Paul McCartney“ einen Song einfach ganz rustikal „Detlef Schrempf“ nennen. Band Of Horses sind keine Propheten und ganz bestimmt auch keine Poeten; ihre Texte sind zumeist repetitiver Natur (siehe die schier endlosen Wiederholungen des Satzes „The World is such a wonderful place“ in „Ode To LRC“), und etwas vorhersehbar sind sie auch. Mit cease to begin wurde dieser Platte zudem ein Titel aufgedrückt, der die gleiche universelle Nullaussage wie der des Band-Of-Horses-Debütalbums Everything All The Time aus dem Jahr 2006 trägt (unter den Nominierungen fanden sich allerdings auch Albernheiten wie „Pastor Of Muppets“). Ben Bridwells zwischen Neil Young und My Morning Jackets Jim Barnes oszillierende Stimme trichtert uns zwar keine weltbewegenden Botschaften ein. Aber sie verbreitet eine Zufriedenheit, deren Notwendigkeit man im Zeitalter der 24-Stunden-Rush-Hour vielleicht schon verdrängt hatte. Sie beansprucht keine vorrangige Stellung im ohnehin kumpelhaften Bandgefüge und fungiert unter all dem sumpfigen Honky-Tonk-Geklimper, den flirrenden Slide-Gitarren und den hillbillyschen Hand-Claps vielmehr wie ein zusätzliches Instrument, das die unheimlich intimen Gefühlslagen dieser zehn Songs transportiert.

Dieses Album hätte auch vor oder in 20 Jahren erscheinen können; Cease To Begin ist bestimmt kein Produkt seiner Zeit: Es kommt nahezu ohne Bezüge auf die so genannte Postmoderne aus, es schmeißt nicht mit musikhistorischen Anspielungen um sich und nimmt auch keine Anlehnungen an bereits Dagewesenes. Zugegeben, das klingt für moderne Ohren vermutlich wahnsinnig langweilig. Und genau das ist es nicht, Cease To Begin ist Musik aus einer Welt, in der sich die Wildtiere wohl tatsächlich noch gute Nacht wünschen und für die man sein Bett sofort mit einem Fuchsbau oder einem Hasennest austauschen möchte.

www.bandofhorses.com