Bernard + Edith

Jem

Bella Union/[PIAS] Cooperative/Rough Trade

Dark Gospel, seltsamer R’n’B. Oder: Wie der Folk den elektronischen Raum einnimmt.

Sekunde 48 des Eröffnungssongs „Wurds“. Es ist der Moment, da die Stimmen über den Keyboards plötzlich hell erstrahlen, der die Musik von  Bernard + Edith definiert. Wenn der Folk einen dunklen, elektronischen Raum einnimmt, darf man sich das in etwa so vorstellen, als hätten die Fleet Foxes den Cocteau Twins eine ihrer besonders pas­toralen Melodien geschenkt. Im nächs­ten Track geistert Ediths Gesang durch den Hintergrund, wer aber ein Vorne, ein Hauptthema in „Dagger“ sucht, sieht sich enttäuscht, das Duo aus Manchester lässt sich und diesen Song nur so treiben. Die Debüt-Single „Poppy“ aus dem Jahr 2014, die für dieses Album noch einmal aufgenommen wurde, klingt wie ein nervös hin und her geschobener R’n’B, Glockengeläut im Abgang. Bernard + Edith spielen mit unseren Erwartungen und Konditionierungen, in fast jedem Song auf JEM passiert etwas Unvorhergesehenes, in jedem Song entsteht eine Intimität und in keinem Moment wirkt das konstruiert. JEM ist ein schönes Beispiel dafür, wie man mit wenigen Mitteln ein Intensiverlebnis herstellen kann.