Im Jahr 1995 machte sich Billy Bragg, linkspolitische Institution im englischen Pop, an ein Projekt, das ihn mehrere Jahre hindurch beschäftigen sollte. Nora Guthrie, die Tochter von Folk-Legende und Hobo-Poet Woody Guthrie, der als eloquente Stimme der Verlierer und Leidtragenden des Mitte der 30-er Fahrt gewinnenden US-Turbokapitalismus zur ventablen Vaterfigur einer amerikanischen Folkbewegung mit linksliberalem Bewusstsein wurde, Nora Guthrie also hatte Bragg mit dem Angebot konfrontiert, Einblick in ein mehr als 1.000 Texte umfassendes Archiv von Songs ihres Vaters zu nehmen, die – weil von Guthrie nie aufgenommen oder in Noten festgehalten – ohne Melodie dastanden, und eine Auswahl davon von ihm vertont wieder zum Leben zu erwecken. Bereits in einer Frühphase des Projektes, an dessen Ende die beiden Alben Mermaid Avenue (1998) und Mermaid Avenue, Vol. 2 (2000) standen, heftete sich die Londoner Filmemachenn Kim Hopkins an Braggs Fersen und drehte über einen Zeitraum von zwei Jahren diesen 1999 erstmats von der BBC ausgestrahlten Dokumentarfilm. Die kunstvoll sich fortspinnende Handlung zeigt Bragg, wie er sich zunächst auf eine „Pilgerfahrt auf der Suche nach dem Spirit von Woody“ (Bragg) ins Hinterland der USA begibt, von Guthries Heimatstadt nahe Oklahoma bis nach New York/Coney Island, wo dieser 1967 55-jährig an der Nervenkrankheit Huntington’s Disease starb. Wir sehen, wie zusammen mit Wilco und Natalie Merchant, die Bragg sich als Partner für das Projekt wünschte, erste Songs entstehen, wie diese in Proben und Sessions Formen annehmen. Parallel eingesponnen – und bisweilen unterlegt mit historischem Bild- und Filmmaterial – ist die Geschichte dieses Woodrow Wilson Guthrie. dessen Geist und Herz ein Leben lang nicht zur Ruhe kamen, erzählt von Nora, die ihren Vater erst nach seinem Tod aus „all den Geschichten und seinen Songs“ richtig kennen lernte. Diese beiden Hauptstränge verwebt Hopkins durch Interviews mit ihren Protagonisten und der Beobachtung von Braggs Begegnungen zu einem ebenso liebenswerten wie aufschlussreichen Dokument. Als Bonustracks der DVD gibt es fünf bislang unveröffentlichte Tracks aus den „Mermaid“-Sessions zu hören. www.biilybragg.co.uk