Billy Harrison – Billy Who?

Ohne lange Vorrede: „Weißer“ Blues und Boogie der Handelsklasse A. Die Musiker stammen nicht aus Chicago, London oder New Orleans, nein, sie residieren in Hamburg. Ihr Anführer freilich, der hal während der Mittsechziger in Belfast unter der Fuchtel Van Morrisons gestanden. Wieder so’n oller Knacker? Laut Geburtsurkunde vielleicht, der geschaffene Sound jedoch trägt das Frischesiegel ’80. Harrisons wohlige Reibeisenstimme, irgendwo zwischen Sean Tyla und John Fogerty brummelnd, überzieht die zehn durchweg vorzüglichen Songs mit dem Flair für Blcoze, Boogaa und speziell: Balladen. Die weichen, aber stets energischen Titel „Summer Nights“, „Free Ramblin“ Man“ und „Baby, Pleas Don’t Go“ verfügen über eine solche Intensität, wie z.B. ein Lee Clayton sie gar nicht trefflicher inszenieren könnte (außerdem fehlt hier zum Glück dessen oft ruinöses Lagerfeuer-Schmalz). Es bleibt alles down to earth, straight ahead oder wie sonst so sagt; das Verdienst von Frank Dostal, der ei ne Prädikats-Produktion hingelegt hat: besonders wertvoll, weil frei von Faxen und Weihrauch in eigener Sache.

Auf dieser auch klanglich hervorragenden Scheibe präsentiert sich ferner ein Solist in bestechender Form: Peter („Einen schönen guten Tag wünsch‘ ich“) Urban als Meister des weich geknüpften Orgelteppichs und rollend-harter Piano-Schläge. Gleichfalls stark: die auf den Punkt zielenden sparsamen Saitenhiebe von Gitarrist Hannes Bauer, und Martin Tiefensee am Baß. Anspieltips: eigentlich alles. BILLY WHO? wirkt nahezu perfekt, ohne dabei an Blutarmut zu kranken. Einen Stern ziehe ich ab wegen der beschränkten Macho-Texte, auch wenn dies gerde beim Blues üblich ist. „Üblich“ kann aber keinen Freifahrtschein bedeuten. Dennoch: Blues de luxe aus deutschen Landen, nicht stumpf gebolzt, sondern lebendig, fernab von falschem Pathos und mit unverklemmtem Blick über die Grenzen der berüchtigten zwölft Takte.